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Panoramablick über die estnische Kapitale Tallinn, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört

Panoramablick über die estnische Kapitale Tallinn, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört

Reise durch das Baltikum Im Mietwagen durch Estland, Lettland und Litauen

Ausgedehnte Wälder und einsame Strände, imposante Ritterburgen und mittelalterliche Städte - eine Reise durchs Baltikum führt nicht nur durch unberührte Landschaften, sondern ist auch ein lehrreicher Streifzug durch die europäische Geschichte.

Es ist noch früh am Morgen. Auf der Wiese am Ufer der Neris herrscht schon reges Treiben. Bunte Heißluftballons werden mit Gas gefüllt und zum Aufsteigen vorbereitet. Der Wind steht günstig und treibt sie direkt über die Altstadt von Vilnius mit ihren barocken Kirchen und prächtigen Palästen, der Jahrhunderte alten Universität und den engen Gassen des jüdischen Viertels. »Es gibt nicht viele Hauptstädte, wo man mit dem Ballon direkt übers Zentrum fahren kann«, erzählt Pilot Feliksas und steuert über den Stadtrand hinaus bis zum Landeplatz auf einer Wiese. Die Hauptstädte Vilnius, Riga und Tallinn - alle drei UNESCO-Weltkulturerbe - gehören zweifellos zu den Höhepunkten jeder Reise durch das Baltikum. Während Vilnius als Barockstadt gilt, kann Riga mit 800 Jugendstilbauten aufwarten und die alte Hansestadt Tallinn punktet mit ihrem intakten mittelalterlichen Stadtkern.

Gerade mal 80 Kilometer Luftlinie sind es von Tallinn bis Helsinki. Doch die waren für Esten Jahrzehnte lang unüberwindbar. Während der Besetzung durch die Sowjets war der Hafen militärisches Sperrgebiet. Die baltische Bevölkerung litt unter Gräueltaten, Folter und Massendeportationen nach Sibirien. Ein dunkles Kapitel der Geschichte, dessen Spuren sich noch heute in ehemaligen KGB-Gefängnissen und geheimen Bunkern finden. Erst 1991 wurden die drei Länder unabhängig, 2004 folgte der EU-Beitritt.

Heute ist man stolz auf die eigene Kultur. Von Ostblock-Tristesse ist nichts mehr zu spüren. In der Studentenstadt Tartu fühlt man sich fast wie in Italien. Hippe Kneipen, eine kreative lokale Küche und heidnische Feste - wer das Baltikum bereist, trifft auf eine beeindruckende Mischung aus Tradition und Moderne. Mehr als 300 Jahre herrschte hier der deutsche Ritterorden. Heute sind viele der imposanten Burgen und schmucken Herrenhäuser restauriert, wurden aus alten Landgütern gemütliche Hotels. An der Ostseeküste verbreiten traditionsreiche Seebäder den Charme vergangener Zeiten. Und die Kurische Nehrung, jene schmale Landzunge, auf der schon Thomas Mann seine Sommer verbrachte, gilt heute als das Sylt Litauens.

Vor allem aber bieten die drei dünn besiedelten Länder unberührte Natur. Ausgedehnte Wälder und Seenlandschaften laden zum Wandern und zu Kanutouren ein.

Landkarte Baltikum

Von Lettland nach Estland - Alte Seebäder und historische Städte

Für Lettlands Hauptstadt Riga, mit 700.000 Einwohnern größte Stadt des Baltikums, sollten Sie sich mindestens zwei Tage Zeit nehmen. Prunkstücke der Altstadt sind die historischen Kirchen, Jugendstilpaläste, Museen und alte Wohnhäuser wie die »Drei Brüder« und das berühmte, aufwändig verzierte Schwarzhäupterhaus. Nicht nur für Geschichtsinteressierte ein Erlebnis sind zwei ganz unterschiedliche Museen: In dem charmanten Jugendstil-Museum (€ 6, www.jugend stils.riga.lv) fühlen sich Besucher in Rigas Blütezeit im frühen 20. Jh. zurückversetzt. Eine Führerin mit weißer Spitzenbluse und breitkrempigem Federhut aus der damaligen Zeit führt durch die Ausstellung. Die düstere Zeit der Besetzung erst durch die Nazis und dann durch die Sowjetrussen dokumentiert das Okkupationsmuseum (http://okupacijasmu zejs.lv/en). Wieder leichter ums Herz wird einem bei einem Abstecher in den Kurort Jurmala (25 km), der mit seinem 25 Kilometer langen Strand bereits im 19. Jh. eine beliebte Sommerfrische war. Unbedingt empfehlenswert!

Nächstes Etappenziel ist die Kleinstadt Sigulda mit der Bischofsburg Turaida (mit Museum, € 2,85 Eintritt), von deren Backsteinturm sich ein schöner Blick auf das tief eingeschnittene Tal der Gauja bietet. Am längsten Fluss Lettlands (452 km), einst ein wichtiger Handelsweg, reihten sich Siedlungen und Burgen. Mit dem tief in rötlichen Sandstein eingegrabenen Flussbett, seinen Klippen, Höhlen und seiner unberührten Natur ist der Gauja-Nationalpark ein beliebtes Ziel für Wanderer, Kajakfahrer und Reiter.

Bei der stillgelegten Papierfabrik Ligatne ist eine bizarre Attraktion zu besichtigen: ein geheimer Sowjet-Bunker für die damalige Elite, noch mit Original-Einrichtung (s. Kasten S. 53). Im mittelalterlichen Cesis kann man die imposante Ritterburg des Deutschen Ordens bewundern, der hier bis zum 16.Jh. seinen Sitz hatte.

Über das Städtchen Valmiera, das mit seiner beliebten Bierbrauerei Valmiermuiža (€ 7) einen Zwischenstopp wert ist, geht es über die estnische Grenze in die quirlige Universitätsstadt Tartu mit ihrer malerischen Altstadt und typisch baltischen Holzhäusern. Während der Sowjetzeit war Tartu wegen seiner Militärbasis für Ausländer gesperrt.

Östlich von Tartu liegt der Peipus-See, durch den die Grenze zu Russland verläuft. An seinen Ufern leben die russischstämmigen »Altgläubigen «, die vor 350 Jahren vor einem reformwilligen Patriarchen aus Russland flohen und noch heute ihre alten Gebräuche pflegen. Sie leben vom Fischfang und vom Zwiebelanbau. Ein Kontrast zu den ärmlichen Straßendörfern ist das Schloss des ehemaligen Gutes von Alatskivi.

Nördlich des Peipus-Sees wird es völlig einsam. In den Wäldern von Alutaguse leben rund 300 Braunbären. Vorbei am Lahemaa-Nationalpark führt die Strecke in rund zwei Stunden in die estnische Hauptstadt Tallinn. Vom Domberg bietet sich hier ein schöner Blick auf den von dicken Mauern umgebenen mittelalterlichen Stadtkern mit seinen runden Wehrtürmen.

Verwinkelte Gassen mit uraltem Kopfsteinpflaster führen zum Rathausplatz (unbedingt auf den Turm steigen!) mit seinen herausgeputzten Kaufmannshäusern, der 1442 eröffneten Ratsapotheke und dem Marzipanmuseum.

Knapp zwei Stunden südlich der Hauptstadt liegt Haapsalu, einer der bekanntesten Kurorte Estlands. Der elegante Kursaal an der Strandpromenade, heute ein Restaurant, und der für den Besuch des Zaren 1917 erbaute Bahnhof zeugen noch von altem Glanz. Tipp: zum Kuchenessen ins nostalgische Café »Müüriääre«.

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Wer sich von Virtu auf die Inseln Muhu oder Saaremaa übersetzen lässt, realisiert schnell, dass die Uhren hier langsamer ticken. Ein Urlaub in einem der reetgedeckten Bauernhöfe ist auch bei Esten äußerst beliebt. Zurück auf dem Festland lohnt ein Stopp in Pärnu, das mit seinen langen Sandstränden, Alleen und Parks alljährlich zu Estlands Sommerhauptstadt wird. Von hier sind es 180 Kilometer zurück nach Riga.

Die besten Unterkünfte

Riga
€€€ Mitten in der Altstadt liegt das Hotel »Radi un Draugi« . Gutes Restaurant!

Zwischen Sigulda und Cesis:
€€€ bietet das Landhotel »Karlamuiža« ländliche Idylle. Vor dem Haus nisten die Störche, im kleinen Weiher quaken die Frösche und abends wird lettische Hausmannskost serviert.

Valmiera
€€€ Zentral liegt das moderne »Hotel Wolmar«

Tartu
FLAIR Die »Villa Margaretha« ist ein 1920 erbautes Holzhaus im Jugendstil, mit plüschigem Café.

Tallinn
€€€€ Eines der wenigen Hotels in der Altstadt ist das »Merchant′s House Hotel« .

Insel Muhu
€€ Im Dorf Nautse liegt der Bauernhof »Mihkli« mit einem großen Festsaal und ein paar Zimmern.

Landkarte Baltikum

Von Lettland nach Litauen - Riga und das Sylt Litauens

Neben der Straße schleppt ein barfüßiger Mann ein großes Holzkreuz, begleitet von einer Gruppe Gläubiger. Sein Ziel ist der Berg der Kreuze, Litauens bekanntester Wallfahrtsort nahe der Stadt Siauliai, wo sich Abertausende geschnitzte und gedrechselte Holzund Eisenkreuze in allen Größen stapeln.

Durch dichte Wälder, vorbei an verwunschenen Seen und Mooren und durch Dörfer mit alten Holzhäusern geht es zum Zemaitijos- Nationalpark. Im Gästehaus »Pas Tevukus « im Dorf Beržoras servieren Jurgita und ihre Mutter Marija ein Abendessen wie vor hundert Jahren: kalte Zwiebelsuppe mit Hering, Hanfbutter und dem Brottrunk Kwas. In der Nähe liegt versteckt im Wald ein verstörendes Relikt der Sowjetzeit: die ehemalige unterirdische Abschussbasis für die Atom- Raketen SS-4, programmiert auf Städte wie Berlin. Heute ist hier das »Museum des Kalten Krieges « untergebracht (€ 5, www.zemaitijosnp.lt/ en/the-cold-war-exposition).

In Klaipeda, dem früheren Memel, wandelt man auf den Spuren des alten Ostpreußens. Im Theater dirigierte einst Richard Wagner und davor steht die Bronzefigur des Ännchens von Tharau, Wahrzeichen der Stadt. Bis zum 1. Weltkrieg zog es deutsche Künstler und Schriftsteller zur Sommerfrische auf die vor der Stadt gelegene Kurische Nehrung. Heute gilt der Landstreifen zwischen Haff und der Ostsee als das Sylt Litauens.

Vorbei an den grünen Auwiesen des Nemunas (der Memel), geht es nach Kaunas, der zweitgrößten Stadt Litauens, mit zahlreichen Museen und Kirchen. Interessantes über die Lebensweise des alten Litauens erfährt man im großen Freilichtmuseum Rumsiskes (€ 4, www.muzie jai.lt/Kaisiadorys/Open-Air_muziejus.en.htm).

Knapp 30 Kilometer vor Vilnius liegt die gotische Wasserburg Trakai, einst die großfürstliche Residenz und heute ein beliebter Ausflugsort.

Vilnius besitzt nicht nur eine der größten Altstädte Europas mit unzähligen Kirchen und Palästen, sondern auch eine kreative Kultur- und Kneipenszene. Im Künstlerviertel Užupis haben die Bewohner sogar ihre eigene Republik ausgerufen mit eigener Verfassung und Hymne. Wahrzeichen der Stadt ist der Gedimas-Turm auf der oberen Burg.

Auf dem Rückweg nach Riga bietet sich ein Abstecher zum Schloss Rundale an, dem »Versailles von Litauen«. Im östlichen Flügel des 2014 restaurierten Barock-Schlosses lassen sich einige der prachtvollen Säle und Wohnräume bewundern (€ 6, http://rundale.net/de/).

Die besten Unterkünfte

ZEMAITIJOS NATIONAL PARK
€€ Vier Häuser am idyllischen Weiher vermietet das Gästehaus »Pas Tevu kus« in Beržoras, Gemeinde Plateliai.

KLAPEIDA
€€€ In der Altstadt liegt das gemütliche Hotel »Friedrich«.

KURISCHE NEHRUNG
€€ In Nida liegt das Gästehaus »Viktorija«.
€€€ Etwas außerhalb befindet sich das »Hotel Nidos Banga«.

VILNIUS
€€€ Zentral und plüschig wohnt man im »Shakespeare Boutique Hotel«.
€€ Günstiger ist es schräg gegenüber im »Bernardinu B&B House«.

Was Sie nicht verpassen dürfen

VILNIUS AUS DER LUFT
Eine Ballonfahrt über den barocken Stadtkern von Vilnius bietet eine faszinierende Perspektive (ab € 99, www.ballooning.lt).

DAS SYLT LITAUENS
Kilometerlange Sandstrände, Wanderdünen inmitten duftender Kieferwälder, malerische Fischerdörfer und Thomas Manns Sommerhaus gibt es auf der Kurischen Nehrung. Tipp: Besuch des Bernsteinmuseums in Nida.

ROLLMÖPSE BIS ZUM ABWINKEN
In den Markthallen Rigas türmen sich Berge von geräucherten Heringen, Kaviar, Schweinefüße, Kümmelkäse und eingelegtes Gemüse. Hier gibt es einen Blick in den lettischen Alltag.

GEHEIMER SOWJET-BUNKER
Neun Meter unter der Erde, versteckt unter einem Rehabilitationszentrum bei Ligatne, wurde ein geheimer Bunker errichtet, in dem die Elite Lettlands Zuflucht bei einem Atomangriff finden sollte. Ein beklemmendes Relikt aus der Zeit der sowjetischen Besatzung, mit Originaleinrichtung. Gruppenführungen finden samstags und sonntags statt (€ 12), Einzelführungen auf Anfrage (www.bunkurs.lv/en).

BÄREN BEOBACHTEN
300 Braunbären leben in den Wäldern Nordestlands. Wer die scheuen Tiere beobachten will, braucht Geduld und ein sicheres Versteck, z. B. die Holzhütte von Natourest (www.natourest.ee, Nacht € 95).

€ einfach €€ einfache Mittelklasse €€€ gehobene Mittelklasse €€€€ anspruchsvoll

Autorin: Bärbel Schwertfeger (3/2016)

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