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Südlich der Inselhauptstadt St. George's erstreckt sich der kilometerlange Strand Grande Anse

Südlich der Inselhauptstadt St. George's erstreckt sich der kilometerlange Strand Grande Anse

Reisebericht Karibik Auf Spurensuche im Garten Eden von Grenada

Herrliche Palmenstrände, dichter Regenwald mit Kraterseen und rauschenden Wasserfällen. Und überall trifft man auf nette Menschen. Die kleine Gewürz - insel Grenada bestätigt alle Karibik-Klischees.

Halleluja! Du schwebst im Himmel. Meditierst zehn Stunden lang. Und Schwupps, bist du im Paradies. Keine Angst! Das sind keine religiösen Wahnvorstellungen. Das ist einfach der Wahnsinn schlechthin, wenn man im Winter auf dieser sattgrünen gebirgigen Tropeninsel landet. Inmitten eines Ozeans, der so klar und schillernd ist wie Millionen von Smaragden. Und so warm wie frisch eingelassenes Badewannenwasser. Kann es schöner kommen? Sicher. Wenn dich die Einheimischen ohne Umschweife in ihren Kreis aufnehmen und zu einer geheimen Eilandtour einladen – zusammen mit einer internationalen Horde verrückter Auswanderer, Yachties und Studenten.

Landkarte Grenada

Der große Hike mit den Hashern

»Alle bereit? Okay… ON! ON!« Die Stimme des Hash Masters halt wie ein Donnerschlag über den mächtigen Baumwipfeln des Nationalparks Grand Etang. Und schon tobt die Meute los. Es ist Samstag. 15 Uhr 30. Hash time auf Grenada. Um Missverständnissen vorzubeugen: Bei dem Event werden weder Joints verteilt, noch sucht man im Regenwald nach Blättern zum Kiffen. Hasher gibt es überall auf der Welt. Sie vergnügen sich bei einer fröhlichanarchischen Schnitzeljagd auf markierten Trails. Ehemalige Kolonialoffiziere und Auswanderer haben das Spiel, das stets mit einem Umtrunk endet, 1938 in Kuala Lumpur erfunden. Und ausgerechnet die Grenadier, die fürs tiefentspannte Liming, sprich: Nichtstun – bekannt sind, haben daraus einen wahren Kult gemacht. Beim Anblick der abenteuerlichen Insellandschaft, erklärt sich allerdings, warum. Was für ein Spaß. Aber nix für Weicheier, wie sich auf dem Trail am Mount Qua Qua schnell zeigt. Nur um‘s mal zu erwähnen: Die Spitze des überwucherten Vulkanmassivs ist 723 Meter hoch. Und die Fährte führt über extreme Steilhänge rauf und runter. Alles traumhaft schön und sicher wär‘s halb so wild, wenn der warme karibische Regen den nährstoffreichen Lehmboden nicht aufgeweicht hätte. So aber schmiert man an jeder Böschung ab wie Öl auf Salat. Selbst die wuchernden Schlingpflanzen bieten kaum Halt. Doch zum Glück gibt es hier herrliche Wasserfälle. Ein Bad in den Pools der malerischen Concord Falls – genial, wie das erfrischt.

Am Ende ist alles eine große Party

Wummernde Soca Beats, eiskaltes Bier und auf den Grills leckere Jerk Chicken. Das nennt man einen guten Lime Spot. Auf Grenada endet so ziemlich alles in einer Party. Für Auswanderer Jürgen Althapp heißt es aber zunächst: »Down- Down!« Unter dem Gejohle seiner gut einhundert Mitstreiter muss der Deutsche warmes Bier aus dem sogenannten »Dotty Potty«, einem alten Nachttopf, trinken. Hotelier Arnold Hopkin hat ihn verpfiffen, weil er beim Ausrutschen vorhin versehentlich einen jungen Baum rausgerissen hat. »Spaß muss sein«, grient Arnold, wobei der Schutz der Natur den Einwohnern wirklich wichtig ist. Man lebt hier in einem wahren Garten Eden, der alle ernährt. Seit Hurrikan Ivan die Insel 2004 weitgehend verwüstet hat, weiß man jedoch, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Gerade in Arnolds Familie werden Umweltschutz und Nachhaltigkeit sehr ernst genommen. Mit seinem »Blue Horizons Garden Hotel«, das sich über dem Grand Anse Beach im Südwesten der Insel in einem Tropengarten verliert, hat Arnold sich der Ökologie und Nachhaltigkeit verschrieben. Nur wenige Schritte entfernt, versteckt unter Palmen am Strand, liegt das 5-Sterne-Resort seines ältesten Bruders Sir Royston. Ein Luxus-Imperium, das Weltklasse hat. Behutsam aufgebaut auf der Gastfreundschaft von Mutter Audrey, die in den 50/60iger Jahren im Privathaus der Familie die ersten Gäste der Insel beherbergt hat. »Mehr Tourismus, ja. Aber nicht auf Kosten unserer Natur.« Nach diesem Prinzip hat Sir Royston Grenadas Tourismusindustrie über Jahrzehnte angeführt. Eine Rundtour um die Insel zeigt, dass dieser Mann, der für sein Engagement von der britischen Queen zum Sir geadelt wurde, keine hohlen Worte spricht.

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Mehr als fünfzig traumhafte Strände

So könnte man es ewig aushalten: Das meditative Rauschen der Wellen im Ohr. Warmen Sand unter den Füßen und einen kühlen Drink in der Hand. Über drei Kilometer erstreckt sich der weiße Sandstrand Grand Anse am türkisfarbenen Meer. Mit dem Traumpanorama von der Inselhauptstadt St. George’s, die sich wie ein Amphitheater auf der gegenüberliegenden 60 REISE & PREISE 1-2015 Seite der Bucht erhebt, macht ihn das zum schönsten der ganzen Insel. Aber ganz ehrlich: Es lohnt sich, zumindest ein paar der anderen Strände zu besuchen. La Sagesse, zum Beispiel, ist ein idyllischer Naturstrand, der im Südosten in einer geschützten Bucht am Atlantik liegt. Somit ideal auch für Kinder. Surfcracks werden dagegen an der touristisch kaum erschlossenen Nordküste die stürmische Brandung im Levera National Park lieben, wo Karibik und Atlantik aufeinandertreffen. Die romantischsten Strände wollen allerdings erobert werden. Man muss es dabei ja nicht gleich wie Telford Bedeau übertreiben. Grenadas Wanderexperte kennt mit seinen fünfundsiebzig Jahren jeden Stein in seiner Heimat und damit auch mehr als die offiziell eingetragenen fünfzig Strände. Als er kurz vor seinem siebzigsten Geburtstag wissen wollte, wie es um seine Gesundheit steht, hat er sich einfach in sein Ruderboot gesetzt und ist um Grenadas Küstenlinie herumgerudert. 121 Kilometer. Nonstop. Zwanzig Stunden hat er dafür gebraucht und danach gewusst: Lunge, Herz, Kreislauf – alles bestens. Nebenbei hat er noch unbekannte Strände entdeckt.

Märchenwelt unter Wasser

Träum ich noch oder tauch ich schon? Wer sich an der Südwestküste bei Molinere mit Schnorchel oder Tauchausrüstung ins Meer begibt, kann sich da gar nicht so sicher sein. Plötzlich begegnet man Kindern. Lebensgroß. Jedes wie aus dem richtigen Leben. Fische tummeln sich um sie herum, und auf ihren Körpern haben sich Korallen angesiedelt. Es ist eine märchenhafte, faszinierende Welt, die der britische Künstler Jason de Caires Taylor 2006 hier mit seinem ersten Unterwasserskulpturenpark geschaffen hat. Taucher können die Kunstwerke auf dem Meeresgrund ganz aus der Nähe betrachten – ein geradezu magisches Erlebnis. Außerdem locken weit draußen vorm Grand Anse farbenprächtige Riffe und Schiffswracks wie die berühmte »Bianca C«. Aber bitte wieder auftauchen! Spätestens, wenn in St. George’s Markt ist. Nicht wenige Karibikkenner halten Grenadas Hafenstadt für die schönste in der ganzen Region. Berauschend wirkt sie auf jeden Fall samstags früh, wenn die Marktfrauen ihre Gewürze anpreisen. Überall weht dann ein betörender Duft durch die engen, steilen Gassen, die sich vom Binnenhafen Carenage in ständigem Auf und Ab durch das Geschäftsviertel ziehen. Muskatnuss, Vanille, Zimt, Nelken… Nirgendwo auf der Welt wachsen pro Quadratmeter so viele Gewürzpflanzen wie auf Grenada. »Gewürzinsel « preist man deshalb auch den Inselstaat, der nach Indonesien der zweitgrößte Exporteur von Muskatnüssen ist.

Schokolade – die süße Verführung im Norden

Puh, ist das jetzt aber kalt. Dick vermummt sitzen Vilma, Nathalie, Lauren und Camita in einem abgeschotteten winzigen Raum. Und das alles nur wegen der Schokolade. Aber so läuft das eben, wenn man in der Hitze der Karibik solch edles Naschwerk herstellt. Ökologisch. Direkt vom Kakaobaum zur köstlichen Tafel. Preisgekrönt mit der Silbermedaille Internationaler Chocolatiers. Mott Green war ein New Yorker Abenteurer, der ohne Plan auf die Insel gekommen war. Bis er sah, dass die umliegenden Farmer ihre Kakaoplantagen nicht nutzten, weil sie auf dem internationalen Markt kaum Geld dafür bekamen. Das beflügelte ihn, im wilden Norden in der Nähe der berühmten Belmont Estate Plantage eine kleine Schokoladenfabrik aufzubauen. Fünfzehn Angestellte arbeiten dort heute.»Eine Tragödie, dass Mott letztes Jahr tödlich verunglückt ist«, seufzt Magdalena. Die gebürtige Mexikanerin, die mit ihrem Mann Bruce das »True Bay Hotel« im Inselsüden besitzt, sorgt nun auf ihre Art dafür, dass der Kakaoanbau erfolgreich weitergeht. 2014 hat sie Grenadas erstes Schokoladenfestival ins Leben gerufen und damit Touristen wie Einheimische gleichermaßen begeistert. 2015 ist bereits fest gebucht: Im Mai wird wieder die Schokolade gefeiert.

Auch in der Kirche geht es rund

»Halleluja!« brüllt Judy Borris ins Mikrofon. »Halleluja!« Und damit lässt die alte Lady die vollbesetzte Grand Anse Baptist Church rocken, wie wir es allenfalls von Karneval und Silvesterpartys kennen. Die Frage, ob man als Fremder einfach so beim Sonntagsgottesdienst reinschauen darf, erübrigt sich, nach einer herzlichen Umarmung von den Gemeindemitgliedern. »Was heißt überhaupt Fremder?«, grient Angelus, ein Fischer aus der Region, der bei der Hash dabei war. Rockröhre Judy preist unterdessen den Herrn für seine großzügigen Gaben. Und Angelus stimmt selig mit ein, obwohl sein Einkommen nah an der Armutsgrenze liegt. »Nahrung findest du bei uns am Wegrand und im Meer. Kostenlos. Da reichen ein paar Dollar zum Leben aus«, lacht er augenzwinkernd. Kaum dass der Gottesdienst beendet ist, eilt er mit seinen Kumpels zum Liming. Die Jungs von der alten River Antoine Rum Distillery werden morgen wieder kräftig zupacken. 400 Liter nuklearstarkes Teufelszeug produzieren sie Tag für Tag aus Zuckerrohr. Laut Angelus reicht‘s gerade mal für den Inselbedarf. Halleluja.

Segeltörn in den Grenadinen

Wie Perlen auf einer Kette reihen sich die winzigen Grenadinen-Inseln von Grenada bis St. Vincent. Darunter Union Island, Bequia, Palm Island und Canouan. Manche Eilande erscheinen aus der Ferne kaum größer als ein goldener Sandfleck im leuchtenden Blau der Karibischen See. Seit Johny Depp hier als Captain Jack Sparrow im Kinohit »Fluch der Karibik« unterwegs war, kennt jedes Kind das traumhafte Segelrevier. Zumindest Carriacou, die ursprünglichste und größte der Inseln, sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Mit der Schnellfähre ist sie in 90 Minuten erreicht, doch man fühlt sich wie auf einem Zeitsprung zurück in die 60er Jahre (Abfahrt täglich 9 Uhr, zurück 15:30 Uhr, US$ 31 oneway, www.ospreylines.com). Eine Inselrundtour mit dem Taxi kostet US$ 74. Wer mehr sehen möchte, bleibt über Nacht.

Nicht ganz billig, aber traumhaft ist ein mehr - tägiger Segeltörn, z. B. an Bord des Katamarans »Yemaya« (Doppelkabine 3 Nächte US$ 1.528 VP, www.catamaransailing.holiday/index.php/ yacht). Die Kombination Grenada plus Segeltörn wird auch von verschiedenen heimischen Veranstaltern angeboten.

Autorin: Regina Fischer-Cohen(1/2015)

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