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People's Committee Building in Saigon.

People's Committee Building in Saigon (Foto: flickr.com Augapfel)

Reise durch Vietnam Vietnams Süden, ein Land im Aufbruch

Reisen in den Süden von Vietnam zeigen ein Land im Aufbruch. In Saigon schlägt das Herz der Boomregion Südvietnam. Und zu erkunden gibt es in der Region noch viel mehr: das malerische Mekong-Delta, erfrischend kühle Hillstations und Traumstrände am Südchinesischen Meer. Ein Reisebericht über Süd-Vietnam.

Saigon das Herz Südvietnams

Acht oder vielleicht auch schon neun Millionen Menschen drängen sich in Saigon und schätzungsweise vier Millionen Motorräder knattern durch die Straßen. Ein Großteil davon scheint gerade mit ohrenbetäubendem Lärm an mir vorbeizubrausen oder mir entgegenzusausen. Ein besonders dreister Fahrer kurvt auf dem Gehsteig um mich herum. Günstiger chinesischer Modelle sei Dank ist das Moped in Vietnam kein Luxus mehr. Die motorisierten Zweiräder haben das Fahrrad mehr und mehr abgelöst und transportieren Schweine, Kloschüsseln, Gasflaschen, Körbe mit Kokosnüssen und vierköpfige Familien. An der Ampel ein schneller Blick auf das Display des Handys, dann heult der Motor wieder auf. Flexibel und immer auf dem Sprung - auf dem Moped zelebriert die Jugend Vietnams ihr Lebensgefühl. Reisen nach Vietnam zeigen ein Land auf der Überholspur.

Saigon - der alte Name der südvietnamesischen Metropole klingt zärtlich, romantisch, ein bisschen altmodisch, der offizielle Name - Ho-Chi-Minh-City - dagegen sperrig und scheint einer sehr fernen Zeit zu entstammen. Nach wie vor wird das Land von den Nachfolgern Ho Chi Minhs regiert, doch in Saigon zumindest regiert Big Business. 1986 verkündete die Kommunistische Partei Vietnams eine radikale Kursänderung: Doi Moi (»Neue Struktur«) lautet der Name des Reformprogramms, mit dem eine sozialistisch orientierte Marktwirtschaft die Planwirtschaft ablöste. Eine weise Entscheidung: Der wirtschaftliche Bankrott wurde verhindert und rund 8 Prozent Wirtschaftswachstum jährlich sprechen für sich.  Handy, High Heels und Honda bestimmen heute das Leben in HCMC, wie die Jugend - und das ist rund die Hälfte der ca. 85 Millionen Einwohner des Landes - die größte Stadt Vietnams nennt. Onkel Ho, der charismatische Führer der vietnamesischen Unabhängigkeitsbewegung, lehrte und lebte Bescheidenheit. Noch fast vier Jahrzehnte nach seinem Tod wird er wie eine Ikone verehrt. Angesichts der Konsumtempel in Saigon würde er wohl voller Trauer sein Gesicht abwenden. Als könnten sie den Fluch des Kapitalismus damit ein Stück weit bannen, haben die Stadtväter rote Banner mit Hammer und Sichel entlang der Einkaufsboulevards aufgestellt - doch zweifellos hat der American Way of Life gut 30 Jahre nach dem militärischen Sieg über die Amerikaner gesiegt. Lan, die mir die Stadt zeigt, gehörte in den 1980er-Jahren zu den Glücklichen, die in der DDR studieren durften. Nach 6 Jahren Maschinenbaustudium in Karl-Marx- Stadt fand sie zu Hause zwar keine Arbeit als Ingenieurin, aber einen gut bezahlten Job als Reiseleiterin und gehörte zu den ersten Gewinnern der Öffnung. Mit den Amerikanern hat sie, die den Krieg als kleines Kind erlebte - zu jung, um ein Feindbild aufzubauen - kein Problem. »Aber meine Eltern«, räumt sie ein, »verstehen die Welt nicht mehr. Kein Wunder - sie haben gegen die Amerikaner gekämpft und unsagbar gelitten. Zumindest müssen sie zugeben, dass es uns heute viel besser geht als zu Zeiten der Planwirtschaft.« Lans 16-jährige Tochter trägt Jeans und Minirock, tanzt nach westlicher Popmusik und vergöttert Brad Pitt. »Nur McDonalds wird sich nie bei uns durchsetzen«, glaubt Lan. "Dafür ist unsere Küche einfach viel zu gut!«

Ich lasse die Konsumtempel von Downtown HCMC links liegen und erkunde die Perlen des Kolonialbarock aus französischer Zeit, als Saigon noch die strahlende Hauptstadt der französischen Kolonie Cochinchina war. Hotels wie das »Majestic« und »Continental«, die schon Graham Greene in seinem »Stillen Amerikaner« verewigte, die Oper, heute prächtige Kulisse für Hochzeitsfotos, das Zuckerbäckerrathaus, das schönste Postamt westlich von Suez und die vietnamesische Variante von Notre Dame, hinter der die Glastürme des neuen Saigon in den Himmel wachsen. Die Chinesenstadt Cholon setzt einen Kontrapunkt zum westlichen Zentrum: Der Binh-Tay-Markt lockt mit Angeboten für alle Sinne, aus Garküchen duftet es verführerisch. Nach so viel Trubel flüchte ich in den Tempel des Jadekaisers, wo dichte Schwaden von Räucherstäbchen die Wünsche der Gläubigen gen Himmel tragen. Mit Gesängen feiern Mönche und Nonnen den Geburtstag Buddhas. Doch als ich gerade anfange, mich von der mystischen Stimmung verzaubern zu lassen und zu glauben, dass Saigon mehr als eine Krämerseele hat, wird mein Weltbild wieder zurechtgerückt: Zwei Motorräder brausen mitten in den Tempelhof und laden vor den singenden Mönchen ein paar Colakisten ab. Kult und Konsum passen im konfuzianistisch geprägten Vietnam prima unter einen Hut.

Wann liegt denn Saigon endlich hinter uns? Den Weg ins Mekong-Delta sollen vor Jahren noch Reisfelder gesäumt haben. Jetzt wachsen hier Fabriken statt Reisähren. Boomtown Saigon und kein Ende. Rund 200.000 private Unternehmen sind in den letzen 20 Jahren in Vietnam aus dem Boden gesprossen und auch die Ausländer investieren gern im südostasiatischen Land, wo die Löhne noch niedrig sind. Bevorzugt rund um Saigon. »Wir sind offener und unkomplizierter als die Leute aus Hanoi«, hatte mir Lan erklärt.

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