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Millionen Olivenbäume in Reih und Glied: In der andalusischen Provinz Jaén liegt das größte Olivenanbaugebiet Europas.

Millionen Olivenbäume in Reih und Glied: In der andalusischen Provinz Jaén liegt das größte Olivenanbaugebiet Europas. Foto: Daniela David/dpa-tmn

Spanien Olivenland: Auf den Spuren deutscher Siedler in Andalusien

Tausende «Alemanes» siedeln in Südspanien? Was einem spanisch vorkommen mag, geschah im 18. Jahrhundert in Jaén. Entdeckungstour zu einer besonderen Migrationsgeschichte inmitten der Olivenhaine.

So weit das Auge reicht, flirren die silbergrauen Blätter der Olivenbäume im Wind, der über die gewellte Landschaft von Jaén streift. In der spanischen Provinz im Norden Andalusiens wachsen rund 66 Millionen Olivenbäume. In endlosen Reihen bilden sie das größte Olivenanbaugebiet Europas. Und das würde so vielleicht nicht existieren, wenn im 18. Jahrhundert nicht auch ein paar Bayern daran mitgewirkt hätten. 

«Zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft in der einst fast menschenleeren Gegend der Sierra Morena trugen deutsche Siedler bei, die ab 1767 ins Land geholt wurden», erklärt Pedro Ramos, der Stadtchronist von La Carolina, der Hauptstadt der Nuevas Poblaciones, der Neuen Siedlungen. 

So wurden die Dörfer genannt, die eigens für die Auswanderer gegründet wurden. Der Historiker deutet auf eine Steinstele aus dieser Epoche, die Menschen bei der Feldarbeit abbildet.

Im Auftrag des aufgeklärten spanischen Königs Karl III. hatte seinerzeit Johann Kaspar Thürriegel als Mittler Bauern vor allem aus dem süddeutschen Raum angeworben. Dafür kassierte der Abenteurer aus Bayern, den manche auch als Scharlatan bezeichnen, eine Provision. Die Auswanderer wollten ihren kärglichen Lebensbedingungen entfliehen und hofften auf ein eigenes Stück Land in der neuen Heimat.

Insgesamt trafen in Jaén mehr als 7.000 Kolonisten aus verschiedenen Ländern ein, auch aus der Schweiz und Österreich. Die Bauern sollten die Einöde der Sierra Morena besiedeln und wirtschaftlich voranbringen. 

Auch wenn die Nachfahren kein Deutsch mehr sprechen - auf ihren Spuren kann man in dem abgelegenen Landstrich anderthalb Autostunden nordöstlich von Córdoba noch heute wandeln. 

Die «Alemanes» wurden hispanisiert

Erste Anlaufstelle ist das Stadtmuseum von La Carolina, das unter anderem die Geschichte der Nuevas Poblaciones aufbereitet und dokumentiert, dass das Leben der freiwilligen Kolonisten in der Fremde hart war. «Anfangs wurde in den Gemeinden Deutsch gesprochen», sagt Museumsleiter Pedro Ramos, «doch kein Jahrhundert später waren die Alemanes hispanisiert.» 

Was nicht auf manche Namen zutrifft, die alles andere als spanisch klingen. In den Dörfern der Neuen Siedlungen kommen deutsche Familiennamen wie Eisman, Walter oder Kell vor. Und González heißt der Puzzle-Händler in La Carolina zwar mit Vornamen, aber sein Nachname ist Teclemayer. Auch er versteht kein Deutsch, «aber ich war schon als Kind stolz auf meine deutschen Vorfahren», sagt der 65-Jährige auf Spanisch. Er liebt das «Pintahuevos», das typisch deutsche Ostereierbemalen. «Und er ist stur wie ein Deutscher», wirft seine Frau dazwischen und lacht.

Vereinzelt stößt man in La Carolina auf kulinarische Spuren der Deutschen. Alemanes nennt sich ein cremegefülltes Blätterteiggebäck, das im Café «Los Alpes» in der Auslage liegt. Das Rezept dafür sollen die Siedler als ein Stück Heimat mitgebracht haben. 

Die Siedlerortschaften heben sich ab - durch Symmetrie

Interessant sind auch die Siedlungen selbst, die sich von den verwinkelten Dörfern Andalusiens mit ihren oft weiß gekalkten Häusern und römischen wie maurischen Spuren unterscheiden. Die Siedlerortschaften erkennt man an dem einheitlichen Ortsbild, etwa in Aldeaquemada. Die Straßen verlaufen symmetrisch und bilden rechtwinklige Raster. Ein alter Mann schlurft über den gepflasterten Dorfplatz, den einstöckige Häuser aus dem 18. Jahrhundert umsäumen.

«Die Neuen Siedlungen baute man stets nach gleichem Muster: mit Kirche, Haus des Kommandanten, Haus des Priesters und Getreidespeicher», erklärt Aldeaquemadas Bürgermeister Manuel Fernández Vela. «Unsere Gemeinde kauft und renoviert nach und nach die historischen Gebäude.» Das Erbe der Siedler zu bewahren und Gäste dafür zu interessieren, darum geht es ihm.

Das Informationszentrum des Dorfes ist nach Pablo de Olavide benannt. Der war wie der König ein Vertreter der spanischen Aufklärung, er war mit Voltaire befreundet. 2025 feiert man seinen 300. Geburtstag. Als Superintendent der Neuen Siedlungen setzte de Olavide ein akribisch geplantes Modell an Wirtschafts- und Sozialreformen um. Die Neuankömmlinge profitierten davon. Für sie gab es kostenlos Land, Haus und Vieh, Werkzeug sowie Schulbildung für Jungen und sogar auch für Mädchen.

Auf einer Wanderung durch das Naturschutzgebiet um den rauschenden Wasserfall Cascada de la Cimbarra erahnt man, wie unwegsam die Gegend der Sierra Morena auf die neu angekommenen Deutschen gewirkt haben musste. Geier kreisen über der einsamen Landschaft mit tiefen Canyons und großflächigen Schieferplatten. Der Wacholder duftet, Zistrosen blühen zwischen den Steineichen.

Die Migration lief später auch in die andere Richtung

In Carboneros, einem anderen Dorf der Neuen Siedlungen, knallt es. Es riecht nach Schwarzpulver. Eine Laientheatergruppe in historischen Kostümen und Gewehren aus dem 18. Jahrhundert spielt die Ankunft der Siedler nach. «In dem neuen Gesellschaftsmodell arbeiteten die Frauen auch außerhalb des Hauses», erläutert die Dorfchronistin Adela Tarife. «Solche Freiheiten prangerten die Alteingesessenen als unschicklich an.» Konflikte blieben also nicht aus, doch die Neuankömmlinge aus Deutschland blieben - und prägten den Landstrich in Spaniens Süden mit. 

Und wie es das Schicksal wollte, machten sich rund 200 Jahre später auch Spanier aus dem ländlich geprägten Jaén während der großen Migrationswellen in den 1950 bis 1970er Jahren zum Arbeiten auf den Weg nach Deutschland.

Links, Tipps, Praktisches

Reiseziel: Die Region Jaén liegt im Norden Andalusiens. Als Reisezeit eignen sich Herbst und Frühling.

Anreise: Die nächstgelegenen Flughäfen sind Madrid und Grenada. Von dort aus reist man mit dem Bus oder, das ist praktischer, mit dem Mietwagen weiter.

Unterkünfte: Gibt es in verschiedenen Kategorien, auch Hotels in historischen Gebäuden stehen in den größeren Orten zur Auswahl.

Aktivitäten: Der Naturpark bei Aldeaquemada bietet sich für Wandertouren und geführte Luchs- und Sterne-Beobachtungen an. Sehenswert ist die Altstadt von Úbeda, ein Unesco-Welterbe, mit ihren Renaissance-Bauten und einer Synagoge aus dem Mittelalter.

Olivenöl: Vielerorts werden Verkostungen und Touren durch die Produktionsstätten angeboten, etwa bei der Kooperative Picualia in Bailén.

Weitere Auskünfte: spain.info; Andalucía.org

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