Ruhe finden in der Bewegung – Qigong inmitten der Natur Foto: Depositphotos
Slow Travel für die Seele:Mit Qigong auf innerer Reise
Statt in kurzer Zeit so viel wie möglich zu erleben, geht es beim langsamen Reisen um das Gegenteil – weniger Programm, mehr Aufmerksamkeit. Dazu passt eine uralte Praxis aus China, die auf den ersten Blick gar nichts mit Reisen zu tun hat: Qigong. Doch wer beides verbindet, merkt schnell, dass äußere Reise und innere Reise Hand in Hand gehen können.
Warum Slow Travel immer beliebter wird
Der klassische Urlaub hat oft etwas von einem Wettlauf. Man fliegt irgendwohin, verbringt ein paar Tage im Hotel, fährt von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten, fotografiert und postet online. Und ehe man es merkt, sitzt man schon wieder im Flugzeug nach Hause.
Viele sind danach nicht erholt. Sondern müder als zuvor.
Slow Travel setzt hier einen Gegenpol. Statt möglichst viele Orte in kurzer Zeit zu sehen, bleibt man länger an einem Ort. Man erlebt ihn intensiver, spürt mehr von der Umgebung, den Menschen, dem Essen, dem Rhythmus. Es geht nicht darum, eine Checkliste abzuarbeiten, sondern wirklich anzukommen
Eine Studie von 2023 zeigt, dass dieser Wunsch weit verbreitet ist: 39 % der Deutschen haben schon einmal einen Entschleunigungsurlaub gemacht. 45 % planen, das in den nächsten drei Jahren zu tun.
Auch Nachhaltigkeit spielt eine Rolle. Das Umweltbundesamt berichtet, dass 2023 rund 11 % der Reisen in Deutschland ein Nachhaltigkeitsmerkmal hatten – fast doppelt so viele wie 2019.
Qigong als Entschleunigung in einer beschleunigten Welt
Qigong ist eine alte chinesische Praxis. Sie besteht aus langsamen bewussten Körperbewegungen, die synchron mit dem Atem ausgeführt werden. Dabei versucht der Übende auch innere Stille zu gewährleisten. Ziel ist es, die Lebensenergie, „Qi“, ins Fließen zu bringen. Körper und Geist finden so Ruhe.
Auf einer inneren Ebene ist Qigong wie Slow Travel für die Seele. Während man übt, richtet sich der Blick nach innen. Gedanken verlangsamen sich, der Atem wird tiefer und manchmal kommt ein Gefühl von Weite und Klarheit.
Viele beschreiben, dass sie durch Qigong präsenter und aufmerksamer werden. Dass sie die kleinen Momente mehr schätzen: ein Atemzug, die Füße auf dem Boden oder das Licht durch die Bäume.
Wie Slow Travel und Qigong zusammenpassen
Slow Travel und Qigong haben auf den ersten Blick wenig gemeinsam. Das eine ist eine Art zu reisen, das andere eine Körper- und Achtsamkeitspraxis. Doch in ihrer Tiefe verfolgen sie dasselbe Ziel: bewusster leben.
Beim langsamen Reisen geht es darum, aus dem gewohnten Tempo auszusteigen. Man lässt sich Zeit, erlebt Orte nicht nur als Kulisse, sondern als etwas, das man wirklich spürt und erlebt. Qigong macht im Inneren genau das Gleiche. Es verlangsamt die Bewegung, den Atem und die Gedanken. Man wird stiller, aufmerksamer, empfänglicher. Beides führt auf dieselbe Spur: weg von Reizüberflutung, hin zu Achtsamkeit.
Wenn man reist, ist das oft eine Chance, auch innerlich loszulassen. Qigong unterstützt diesen Prozess, weil es Körper und Geist in Einklang bringt. Wer regelmäßig übt, spürt, dass sich mit der Zeit etwas verändert. Man wird ruhiger und nimmt die Umgebung anders wahr.
Statt in einer Woche fünf Städte zu sehen, wählt man eine Region. Dort verbringt man zehn Tage, fährt Fahrrad, besucht Märkte, spricht mit Einheimischen. Und zwischendurch wendet man Qigong-Übungen an, sei es im Park, am Strand oder im Hotelzimmer.
In einer ruhigen und naturnahen Umgebung, wie in einem Qigong Retreat wird diese Erfahrung besonders intesiv. Dort können Reisende beides verbinden: das langsame Erkunden einer Region und die tägliche Praxis der Achtsamkeit. Solche Retreats finden oft an stillen, landschaftlich schönen Orten statt, am Meer, in den Bergen oder in traditionellen Dörfern.
Ein Retreat oder ein bewusster Urlaub ist keine Flucht, sondern eine Pause und für viele das Gegenteil eines klassischen Urlaubs. Kein volles Programm, kein Druck, etwas zu verpassen. Stattdessen: einfache Tage, Bewegung, Meditation, Stille. Man spürt wieder, was es heißt, wirklich da zu sein. Und genau das ist der Kern des Slow Travel.
Wer beides verbindet – Qigong und langsames Reisen – entdeckt, dass es um eine neue Haltung geht. Man reist nicht, um der Welt zu entfliehen, sondern um sie tiefer zu erleben. Jede Bewegung, jeder Atemzug, jeder Schritt wird Teil der Reise
Reisen als Spiegel der inneren Bewegung
Reisen war immer schon mehr als Fortbewegung. Menschen suchen oft nicht nur Landschaften oder Kultur, sondern auch Veränderung. Ein Ortswechsel öffnet dafür innere Türen.
Mit Qigong wird das noch deutlicher. Die äußere Bewegung, neue Orte, anderer Rhythmus, spiegelt sich in der inneren. Man kommt nicht nur an einem neuen Ort an, sondern auch bei sich selbst. Manchmal sind es die kleinen Szenen, die bleiben: ein stiller Morgen, Qigong am Wasser, eine langsame Wanderung, eine Begegnung auf einem Markt, die möglich wurde, weil kein Termindruck da war.
Warum das heute wichtig ist
Die Welt läuft schnell. Nachrichten, Termine und Druck im Job sind dauerpräsent und fordern stetige Aufmerksamkeit. Kein Wunder, dass Stress ein Dauerzustand geworden ist.
Slow Travel und Qigong sind Antworten darauf. Sie zeigen: Langsamkeit ist kein Verlust, sondern Gewinn. Wer langsamer reist, wer bewusster mit sich selbst umgeht, entdeckt Tiefe statt Oberflächlichkeit.
Reisetrends bestätigen das. Laut den HomeToGo Reisetrends 2025 sind 29 % der Befragten vor allem an Naturerlebnissen und lokaler Kultur interessiert. Fast ein Drittel denkt über Yoga-Retreats oder ähnliche Reisen nach.
Praktische Tipps
- Weniger Orte, mehr Zeit: Eine Region länger erkunden, statt fünf Städte in einer Woche
- Lokale Begegnungen suchen: Märkte, kleine Restaurants, Gespräche – echte Kultur statt nur Sehenswürdigkeiten
- Qigong üben: Schon 15 Minuten am Morgen reichen, um ruhig in den Tag zu starten
- Digital Detox: Ein paar Stunden ohne Handy – oft schwerer als gedacht, aber befreiend
- Natur nutzen: Wald, Strand, Berge
Slow Travel heißt, langsamer zu reisen und tiefer einzutauchen. Qigong bedeutet, mit sich selbst langsamer umzugehen. Zusammen ergeben sie eine doppelte Reise: nach außen und innen. Wer beides verbindet, merkt, Reisen muss nicht laut und hektisch sein.
(16.10.2025, ga)