Nordöstlich von Doha liegt die eindrucksvolle, künstlich geschaffene Insel The Pearl Foto: Qatar Tourism
KatarTourismus in Katar nach WM sprunghaft gestiegen
Berthold Trenkel (58), Chief Operating Officer von Qatar Tourism lebt seit dreieinhalb Jahren in Katar und will das kleine Emirat neben Dubai zur Top-Destination am Golf machen. Die Chancen stehen gut, denn seit der Fußball-WM sind die Besucherzahlen stark gestiegen. Das Interview führte Oliver Kühn, Chefredakteur von REISE & PREISE. Berthold Trenkel (58), Chief Operating Officer von Qatar Tourism
Wie lange fliegt man eigentlich nach Katar?
Von Deutschland nach Doha bzw. zurück sind es je nach Flugrichtung fünf bis sechs Flugstunden, d. h. im Vergleich zu Nordamerika oder Asien ist man vergleichsweise schnell da.
Zur Fußball-WM kamen Hunderttausende von Fans nach Katar. Welche Steigerungsraten erhofft man sich dadurch für den Tourismus? Gibt es schon Zahlen?
Es läuft sehr gut. 2022 kamen insgesamt 30.000 deutsche Touristen – inklusive Fußball-WM. In diesem Jahr kamen allein im Zeitraum Januar bis April 100.000 Deutsche nach Katar. Die Steigerungsrate ist enorm, wie gesagt, wir vergleichen hier das volle Jahr 2022 mit vier Monaten aus 2023.
Für mehr Touristen braucht es ja auch mehr Flüge. Ziehen denn Qatar Tourism und Qatar Airways da an einem Strang?
Gut ist, dass Qatar Tourism und Qatar Airways den gleichen Chef haben, His Excellency Akbar Al Baker. Wir arbeiten direkt mit dem Qatar-Airways-Team zusammen und sind sehr gut koordiniert, was die Flugkapazitäten angeht. Qatar Airways hat die Kapazitäten im letzten Jahr erheblich ausgebaut. Es gibt inzwischen vier Städte in Deutschland, die angeflogen werden. Traditionell sind das Frankfurt und München, dann kam Berlin dazu und seit letztem Jahr fliegt Qatar Airways auch nach Düsseldorf. Von Frankfurt gehen drei Flüge pro Tag, von München und Berlin zwei. In Düsseldorf kommen wir in der Wintersaison inzwischen auf elf Flüge pro Woche.
Wie eine andere Welt: Blick aus der Imam-Abdul- Wahhab-Moschee (Staatsmoschee) auf die Skyline von Doha Foto: bennymarty /iStock
Wie zu hören war, reiste während der WM ein Großteil der Zuschauer für jedes Spiel extra aus den Nachbarländern an. Gibt es denn in Katar überhaupt genügend Hotels, um diesen immensen Wachstumsraten gerecht zu werden?
Ja, im letzten Jahr ist unsere Hotelkapazität um 31 % gewachsen. Wir haben in allen Preisklassen genügend Zimmer für Touristen. Aus den Nachbarländern kommen in etwa ein Drittel der Besucher. Zwei Drittel kommen aus Europa, USA, Asien, Afrika, Australien, Indien und anderen Ländern.
Trotzdem nochmal die Frage: Was sind das für Leute, die Urlaub in Katar machen?
Zum einen gibt es viele Leute, die über Katar fliegen und einen Stopover einlegen. Qatar Airways befördert rund 40 Millionen Passagiere jährlich und die fliegen alle über Doha. Viele von denen fliegen gleich weiter, andere bleiben, um sich das Land anzuschauen. Und es gibt Leute, die gezielt nach Katar kommen. Das sind Urlauber, die im Winter ein nicht allzu weit entferntes Warmwasserziel suchen, gern am Strand sind und sich für Kultur, Wüste, Sport und Outdoor-Aktivitäten interessieren. Wer während der nasskalten Monate verlässlich Sonne und angenehme Temperaturen sucht, die von Oktober bis in den Mai hinein herrschen, ist bei uns richtig.
Katar ist also auch ein Ziel für Badeurlauber, die in der kalten Jahreszeit für einige Tage der grauen Jahreszeit entfliehen möchten.
Das ist ein Segment, das wir ganz gezielt ausbauen. Die Regierung hat vor allem letztes Jahr extrem viel investiert. Es gibt in der Innenstadt eine neue, 1,5 km lange Strandanlage mit drei unterschiedlichen Abschnitten von ganz einfach bis luxuriös. Seit letztem Jahr gibt es ein paar neue Beachclubs, eine Idee, die aus Griechenland importiert wurde. An der Nordküste gibt es den Fuwairit Beach, der Kitesurfern ganzjährig ideale Bedingungen bietet, sowie ein neues Mittelklasse-Resort, das sehr gut gelegen ist. Im Wassersport sehen wir ein enormes Wachstum und ein Riesenpotenzial, das meiste davon in Geh-Entfernung der Hotels.
Moderne Kunst auf der Straße: der »goldene Daumen« von César Baldaccini beim Souq Waqif. Foto: QatarTourism
Wenn Sie mal Ihre Reiseerfahrung zu Grunde legen, wie sehen Sie Strandqualität im internationalen Vergleich? Sind es alles Naturstrände oder wurden die künstlich aufgeschüttet?
Es gibt eine ganze Reihe Naturstrände, allen voran der Kitesurfing-Beach. Vor zwei Jahren, als das Projekt gestartet wurde, sind die Surfer am Wochenende hingefahren und haben quasi direkt am Strand geparkt. Es gab Null Infrastruktur, nicht einmal Toilette, Dusche oder irgendwas. Inzwischen gibt es ein Hotel, Restaurant, Café usw.. Aber der Strand, das Wasser und der Wind waren schon immer da – mit Weltklassebedingungen fürs Kitesurfing. Die Strände in der Innenstadt sind teilweise natürlich, teilweise, um die Qualität zu verbessern, künstlich aufgeschüttet. Der Meeresgrund wurde, wenn nötig, ausgebaggert und mit Wüstensand aufgefüllt, um den Badekomfort zu erhöhen. Meiner Einschätzung nach sind die Strände aber naturbelassener als bei unseren Nachbarn.
Und die Strände, sind die so, wie man sie sich vorstellt? Mit schönem hellen Sand und fein dazu?
Ja, mit Sicherheit. Die Strände können sich mit den besten Stränden in Europa messen. Mit den Malediven wollen wir uns aber nicht vergleichen, das ist natürlich noch etwas anderes.
Trotz WM-Zuwachsraten wissen die meisten über Katar immer noch recht wenig. Man weiß zwar, dass Katar am Golf liegt und dass die Staatsreligion der Islam ist, aber viel mehr nicht. Worauf sollten Urlauber achten, wenn sie abends bummeln gehen?
Auf zwei Dinge sollte man achten. Im Normalfall können Sie in Katar im T-Shirt und in kurzer Hose rumlaufen. Es gibt aber Bereiche, wo es angebracht ist, dass die Hose über die Knie reicht – wie zum Beispiel beim Besuch einer Moschee. Auch sollte darauf geachtet werden, dass die Schultern bedeckt sind. Als Frau lässt man das Top mit Spaghettiträgern im Hotel. Ansonsten, etwa an den Hotelstränden, da ist alles ganz entspannt.
Aber es ist jetzt nicht so wie auf den Malediven, wo es auf den Einheimischeninseln spezielle Bikinistrände gibt, oder?
Nein, das meiste sind Privatstrände. Es gibt ein paar Strände, wo auch die Katarer hingehen. Da sollte man Rücksicht nehmen.
Museen: Architektur-Highlights sind das Nationalmuseum und das Museum für islamische Kunst. Sich richtig austoben kann man im Qatar Olympic and Sports Museum. Foto hasan zaidi, iStock
Ist Katar auch ein gutes Ziel für Familien?
Gut, dass Sie das ansprechen. Katar ist extrem familienfreundlich. Kinder spielen eine sehr große Rolle in unserer Gesellschaft. Es gibt es jede Menge Angebote für Familien mit Kindern und Jugendlichen. Das beste Beispiel war die WM. Da gab es viele Zuschauer und Familien, die sich die Spiele zusammen mit ihren Kindern angeschaut haben. In Deutschland würden wahrscheinlich nur wenige auf die Idee kommen, ein Baby oder Kleinkind mit ins Stadion zu bringen. Auch mit dem Essen gibt es keine Probleme. Pizza, Hamburger und was Kinder in dem Alter gern bevorzugen, ist auch bei uns längst Standard. Auch an den Buffets ist die Auswahl an westlichen Speisen groß. Im Angebot steht die volle Bandbreite, auch die Landesküche kommt nicht zu kurz. Ob Sie jetzt Appetit auf Sushi, Spaghetti, Pizza oder auf das Nationalgericht Majboos haben - eine Spezialität mit Huhn, Lamm, Tomatensoße, Reis und orientalischen Gewürzen -, es ist immer für jeden Geschmack etwas dabei.
Die Hotellerie in Katar, ist die eher auf All-inclusive-Urlaub ausgerichtet oder sind Individual-Touristen genauso gern gesehen?
All Inclusive ist eher die Ausnahme als die Regel. Wir haben 90 % Individualtouristen, All-inclusive ist ein relativ neues Konzept. Es gibt zum Beispiel das »Rixos Gulf Hotel«, das erste All-inclusive-Resort in Katar. Das ist ein sehr schönes Resort, das sich auf All-Inclusive-Urlauber spezialisiert hat. Ende des Jahres wird ein zweites Resort mit einem großen Wasserpark und Riesenrutsche eröffnet, die mit 85 Metern die höchste Rutsche der Welt ist.
Ist Katar im Vergleich zu Deutschland ein teures Land und was würde ein durchschnittlicher Restaurantbesuch kosten?
Es kommt natürlich darauf an, wo man hingeht. In den lokalen Restaurants isst man sehr günstig, da kostet ein Abendessen nicht mehr als 7 bis 10 Euro. Man kann aber auch 100 oder 200 Euro für ein Menü ausgeben. In einem netten Restaurant in der Innenstadt bezahle ich 80 bis 120 Rials pro Person. Das sind ungefähr 20 bis 30 Euro.
Wie hoch ist der Anteil an Stopover-Touristen, die den Flug mit Qatar Airways nutzen, um sich Katar anzuschauen?
Der Stopover-Tourismus ist mit 10% immer noch eine vergleichsweise kleine Nummer. Da bietet sich eine große Wachstums-Chance, wir arbeiten dran. Diese Klientel bleibt 2 oder 3 Tage. Bade- und Kulturreisende aus Europa bleiben meist eine Woche.
Können Sie uns abschließend 3 Gründe für eine Reise nach Qatar nennen?
Grund 1: Katar hat für mich in der Region den besten Mix zu bieten. Hier verschmelzen die Geschichte und Kultur des Mittleren Ostens mit modernem Komfort. Luxuriöse Hotels und moderne Infrastruktur auf der einen Seite, Authentizität, Märkte und Museen auf der anderen. Zweitens: Katar ist supereinfach mit Qatar Airways zu erreichen. Drittens ist Katar das sicherste Reiseland der Welt, im Numbeo-Sicherheitsindex liegt Katar zum zweiten Mal hintereinander auf Platz 1.
Wie viele Kilometer Küstenlinie hat Qatar?
Insgesamt, glaube ich, 563 km, davon sind 70 bis 80 % Strand.
Also ist es durchaus empfehlenswert, einen Mietwagen zu nehmen, um Katar zu erkunden?
Was in Italien, USA oder Australien selbstverständlich ist, funktioniert in Katar genauso gut. Die Straßen sind gut, die Fahrweise der Katarer relativ zivilisiert. Ein Mietwagen bietet Individualisten in einem kleinen Land wie Katar Vorteile, zumal man i. d. R. während des Aufenthalts das Hotel nicht wechselt. Vorsicht ist geboten bei Ausflügen in die Wüste, zum einen braucht man richtige Fahrzeug, zum anderen muss man wissen, wie man im Sand fährt, sonst steckt man schnell fest. Anfängern ist das nicht zu empfehlen. Aber für Fahrten zu den Stränden und für Sightseeing-Touren ist Autofahren kein Problem. Innerhalb von einer Stunde kommt man eigentlich überall hin.