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Moderne Architektur von Kengo Kuma: das Hans-Christian-Andersen-Haus in Odense.

Moderne Architektur von Kengo Kuma: das Hans-Christian-Andersen-Haus in Odense. Foto: Wolfgang Stelljes/dpa-tmn

Hans Christian Andersen Zu Besuch beim Märchen-Superstar auf Fünen

Vor 150 Jahren starb Dänemarks bekanntester Dichter. Seine Erzählungen wurden in über 160 Sprachen übersetzt. Auch seine eigene Geschichte ist märchengleich. Unterwegs auf Andersens Heimatinsel.

«Die kleine Meerjungfrau», «Das hässliche Entlein», «Die Prinzessin auf der Erbse», «Des Kaisers neue Kleider» – früher kannte jedes Kind seine Geschichten. Die Titel der Werke von Hans Christian Andersen klingen aber noch heute in den Ohren.

«Man hat die vor dem Schlafengehen gelesen», sagt Hans Quistgaard, ein pensionierter Gymnasiallehrer. Und er bedauert, dass das heute nicht mehr gilt, jedenfalls nicht für alle Kinder. Aber als Stadtführer in Odense, der Quistgaard auch ist, arbeitet er daran, das Erbe Andersens für Touristen lebendig zu halten. Denn er kennt sie, die Orte, die man als Hans-Christian-Andersen-Fan gesehen haben sollte.

Chronologisch korrekt beginnt eine Tour an einem kleinen gelben Eckhaus in der Bangs Boder 29. Hier wurde Andersen als Sohn eines Schuhmachers und einer Wäscherin am 2. April 1805 geboren.

Der Weg vom Elternhaus zu dem Fluss, in dem seine Mutter die Wäsche wusch, gehört zu den schönsten in ganz Odense: Stockrosen vor geduckten pastellfarbenen Häusern an kopfsteingepflasterten Straßen wie der Paaskestræde – hier hat die drittgrößte Stadt Dänemarks, auf Fünen, der drittgrößten Insel des Landes gelegen, den Charme vergangener Tage bewahrt. 

Ein Blick in das Haus in der Munkemøllestræde 3, in das die Familie zog, als Hans Christan Andersen zwei Jahre alt war, bewahrt davor, die damaligen Lebensverhältnisse zu verklären. Der kleine Fachwerkbau mit der schiefen Eingangstür beherbergte gleich drei Familien. Jede Familie wohnte, arbeitete und schlief in einem Raum, die Andersens im Zimmer ganz rechts.

Autobiografische Notizen vom Dichter, nachzulesen auf Texttafeln, vermitteln eine Ahnung davon, wie sehr Armut das Leben prägte. Früh flüchtet sich der kleine Hans Christian in Fantasien, früh entdeckt er auch seine Liebe fürs Theater. Mit 14 bricht er auf nach Kopenhagen. Er will Schauspieler, Tänzer oder Chorsänger am Königlichen Theater werden.

Er galt als «verrückt»

Der Biografie des Mannes, den manche Zeitgenossen «merkwürdig» oder gar «verrückt» fanden, nähert man sich am besten im Hans-Christian-Andersen-Haus. Es befindet sich mitten in Odense, Rücken an Rücken mit dem Geburtshaus des Dichters. Noch vor wenigen Jahren teilte hier eine vierspurige Straße die Stadt in zwei Hälften.

Heute gibt es viel Platz für Fußgänger, einen breiten Radweg und eine Trasse für die Straßenbahn. Autos wurden in eine riesige Tiefgarage unter der Innenstadt verbannt.

Hans Quistgaard, dessen Herzensthema die Stadtentwicklung ist, ist voll des Lobes für das neue Gesicht von Odense. Das Schönste aber ist für ihn das 2021 eröffnete Andersen-Haus. Gebaut hat es der japanische Stararchitekt Kengo Kuma, der mit den Märchen Andersens bestens vertraut ist. Kuma schuf flache Pavillons ohne Ecken und Kanten.

Viel Holz, viel Glas, viel Grün. Architektur, Ausstellung und Garten bilden eine «Dreieinigkeit», sagt Sine Jensen Smed, die Kuratorin. Als Siebtklässlerin gewann sie einen nationalen Vorlesewettbewerb – mit einem Märchen von Andersen. Die 35-Jährige hat ihren Traumjob gefunden: «Nirgendwo auf der Welt kommt man Hans Christian Andersen, seinem Leben und seinen Werken so nahe.»

Andersen war ein Reisender

Für deutschsprachige Gäste liegen im Andersen-Haus Audioguides bereit. So erfährt man, wie der bekannte Schriftsteller «eine innige Freundschaft» oder auch mehr empfindet für etliche Frauen und Männer, ohne sich je zu binden. Wie er rastlos reist, mit Kutsche, Bahn und Schiff bis Istanbul, Athen, Tanger oder Edinburgh. 

Nacherlebbar wird, wie er 1867, als er Ehrenbürger von Odense wurde, ein paar Tränen vergoss – vielleicht auch, weil ihn an diesem Tag mal wieder heftige Zahnschmerzen quälten. Wie er viel mehr schuf als nur Märchen. Und wie er am Ende selbst von einem hässlichen Entlein zu einem Schwan wurde. Denn aus dem verrückten Außenseiter wurde noch zu Lebzeiten der anerkannte Dichter, als der er heute bekannt ist.

Zehn seiner Märchen werden im «Märchenwald» des Museums lebendig. Dabei werden die Gäste zum Mitmachen animiert. Mal taucht man ein in eine Geschichte, weil man an einer Kurbel dreht, mal, weil man auf den Kopf eines überdimensionierten Streichholzes drückt. Dann wieder schlüpft man in die Rolle eines Schwans oder in die Kleider einer Märchenfigur.

Stationen auf Fünen

Nachdem Andersen dauerhaft Odense verlassen hatte, fand er zwar keine Anstellung am Theater in Kopenhagen, aber einen Mäzen, der sein Talent erkannte. Später dann waren es die Adeligen dieser Welt, die sich mit der Gegenwart des zunehmend populären, aber schrulligen Dichters schmückten. So auch auf Fünen.

Schloss Egeskov südöstlich von Odense gilt heute als schönster der 123 Herrenhöfe auf der Insel, nicht zuletzt dank des historischen Gartens. Andersen kam zweimal mit der Kutsche hierher. Ein Horn, das über einer Tür hängt, inspirierte ihn zu dem Märchen «Hühner-Gretes Familie». In einer Vitrine ist auch eine Skizze des Schlosses ausgestellt, die Andersen in seinem Tagebuch hinterließ.

Seine vielleicht größte Liebe fand Andersen in der Kleinstadt Faaborg.
1836 verguckte er sich in Riborg Voigt, die Schwester eines Studienfreundes. Nur war sie bereits verlobt. Bis zuletzt trug Andersen in einem Ledersäckchen ihren Abschiedsbrief bei sich, den man erst nach seinem Tod in Kopenhagen am 4. August 1875 fand.

Die Geschichte dieser unglücklichen Liebe lässt man sich am besten bei einem Audiowalk durch Faaborg erzählen. Und wären da nicht die Autos, man könnte sich glatt in die Zeit von Hans Christian Andersen zurückversetzt fühlen.

Links, Tipps, Praktisches:

Anreise: Odense liegt auf Fünen und ist mit Auto oder Bahn von Berlin in rund sechs Stunden und von Hamburg in dreieinhalb Stunden erreichbar.

Gedenkfeiern und Festivals: Zum 150. Todestag von Hans Christian Andersen plant die Stadt Odense ab dem 4. August bis weit in den Herbst zahlreiche Veranstaltungen und Festivals; Näheres unter andersenforever.de

Hans-Christian-Andersen-Haus: Tickets vor allem in den Sommermonaten möglichst vorab buchen unter hcandersenshus.dk. Der reguläre Eintritt liegt bei 165 Dänischen Kronen, umgerechnet rund 22 Euro.

Audiowalk: «Unter dem Eis» lautet der Titel einer Wanderung durch Faaborg und Umgebung, hierfür die App BaggårdTeatret herunterladen.

Weiterführende Informationen auch zu Übernachtungsmöglichkeiten: visitfyn.de und visitodense.de

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