
Unberührte Landschaften, spektakuläre Tierbegegnungen
Naturparadiese Botswanas Afrikas wilde Natur ist nirgendwo besser
Ruhig Blut! Das befiehlt kühl der Verstand. Doch das Herz klopft aufgeregt in der Brust. Denn die Elefanten kommen näher, langsam und zielstrebig, behutsam einen Fuß vor den anderen setzend. Am Ende steht die ganze Herde direkt über einem am Wasserloch. Die Matebole Hide, ein Versteck des »Mashatu«- Camps im Südosten Botswanas, ist ein in der Erde versenkter Container mit Guckloch: Hier trennen einen nur Zentimeter von den wilden Giganten. Ihre massigen Körper duften süß nach feuchter Erde. Man erkennt die runzelige Haut, die tiefen Falten, die Borsten am Rüssel, die zarten Wimpern überm Mahagonibraun der Augen.
Auf Safari in Botswana: Das ist immer ein berührendes Erlebnis für alle Sinne – bei den Elefanten im Tuli-Block, aber auch anderswo im Land. Guides staken einen mit Mokoros, traditionellen Kanus, durch die verzweigten Wasserläufe des Okavangodeltas. Die Busch leute, Ureinwohner des Kontinents, teilen ihr Wissen in der Weite der Kahalari- Wüste. Per Geländewagen folgt man riesigen Tierherden oder treibt mit den Flusspferden zum Sonnenuntergang auf dem Chobe River. Die staatlichen Nationalparks und privaten Wildschutzgebiete bewahren einen Tierreichtum, den kein anderes Land des Kontinents bietet.
Botswana, ehemals britisches Protektorat und seit knapp 50 Jahren unabhängig, gilt als eines der stabilsten Länder im südlichen Afrika. Es hat sich inzwischen zu einer »Arche Noah« für bedrohte Elefanten, Löwen und Nashörner entwickelt: Trophäenjagd ist verboten, Wilderer werden rigoros verfolgt. Stattdessen setzt die Regierung auf Ökotourismus nach dem Modell high value, low impact. Es gibt viele kleine, exklusive Safaricamps, aber keinen Massentourismus.
Während die einen Urlauber mit Kleinflugzeugen von einer Lodge zur nächsten fliegen, die in der Hochsaison mehr als tausend Dollar pro Person kosten können, gibt es auch deutlich günstigere Möglichkeiten, das Land zu entdecken: auf geführten Gruppenreisen oder im gemieteten Geländewagen auf eigene Faust. So kann der Safari-Traum auch bei kleinerem Budget Wirklichkeit werden.

Okavangodelta – Afrikas Arche Noah
Still jetzt! Max Tidimalo sagt kein Wort, er legt nur den Finger auf die Lippen. Der Guide prüft die Windrichtung. Ein Nicken. Geduckt schreiten wir voran, auf Samtpfoten wie ein Leopard, nutzen jeden Busch als Deckung. Dann tauchen flackernde Ohren im Dickicht auf: Es sind drei der vom Aussterben bedrohten Breitmaulnashörner.
Wer vom Städtchen Maun ins Okavangodelta aufbricht, reist von einer Welt des Mangels in eine Welt des Überflusses. Plötzlich ist nicht mehr Sand zu sehen, sondern Wasser: Sümpfe umschließen Inseln mit Savannen, Wiesen aus Schilf und Papyrus breiten sich aus. Quelle all dieses Lebens ist der Okavango, der in einem Binnendelta in der Kalahari-Wüste versickert. Wer hier unterwegs ist, wähnt sich in einer Arche Noah: Das »grüne Juwel« ist Botswanas Schatztruhe.
Viele Luxuscamps mitten im Delta erreicht man nur per Kleinflugzeug: Hier haben die Gäste exklusiven Zugang zur Natur. Im Übernachtungspreis, der stets pro Person berechnet wird, sind immer Vollpension und Aktivitäten inbegriffen. Doch es gibt eine günstigere Alternative: Das Moremi Game Reserve (Eintritt € 4, lokales Auto € 1, internationales Fahrzeug € 4) und die Region des »Pfannenstiels« kann man auch auf eigene Faust im Geländewagen erkunden.
TIPP Preiswerte Ausflüge und mehrtägige Touren ins Delta mit Mokoros, traditionellen Stocherkähnen, organisiert der Okavango Kopano Mokoro Community Trust (www.okmct.org.bw).
Ganz einfach oder ganz edel übernachtenChobe-Nationalpark – Die Spur der Elefanten
Elefanten, Elefanten, Elefanten: Es stehen derart viele Dickhäuter am Ufer des Chobe River, dass man sie nicht mehr zählen kann. Wenn ein Familienverbund abrückt, kommt die nächste Herde. Es ist eine tierische Komödie in vielen Akten. Da gibt es tollpatschige Babys, die mehr stolpern als laufen. Mütter und Tanten helfen ihnen mit dem Rüssel auf. Kindergartenkinder suhlen sich im Schlamm, Teenager messen bei Kabbeleien ihre Kräfte.
Nirgendwo in Afrika gibt es so viele Elefanten wie in Botswana: über 130.000 – das sind mehr als ein Drittel der Population des ganzen Kontinents. Die meisten leben im Norden, im vor 50 Jahren gegründeten Chobe-Nationalpark. Der ist etwa halb so groß wie Hessen und durch ein Netz von Sandpisten erschlossen. Vom Städtchen Kasane startet man zu Fahrten entlang des Chobe River. Vor allem in der Trockenzeit von Mai bis Oktober sind die Tiersichtungen hier so gut wie an nur wenigen anderen Orten in Afrika. Man kann Chobe auf eigene Faust im Geländewagen erkunden oder vor Ort Game Drives buchen.
TIPP Bootstouren zum Sonnenuntergang sind eine gute Ergänzung. Amateurfotografen hat Pangolin Safaris im Blick: Auf einem besonders stabilen Boot sind Kameras mit Teleobjektiven vorinstalliert (www.pangolinphoto.com). Wer Zeit mitbringt, kann auch den Süden des Nationalparks entdecken: Zu den Camps im Marschland von Savuti und den Sümpfen von Linyanti kommt man per Allradfahrzeug oder Buschflieger. Übernachten auf Tuchfühlung mit Elefanten
Tuli-Block – Land der Giganten
Mächtige Affenbrotbäume recken ihre kahlen Äste in den stahlblauen Himmel. Rostrote Sandsteintürme und Basaltformationen bieten spektakuläre Ausblicke. Elefantenherden ziehen durch weite Trockentäler. Wer auf Pirschfahrt geht, hat außerordentlich gute Chancen, Leoparden zu fotografieren: Die Raubkatzen sind hier so entspannt wie nirgendwo sonst in Botswana.
Das Northern Tuli Game Reserve im äußersten Südosten, oft nur als Tuli-Block bezeichnet, ist mit über 70.000 Hektar Fläche eines der größten privaten Schutzgebiete Afrikas. Eines Tages soll ein grenzübergreifendes Naturschutzgebiet entstehen. Doch noch ist der Tuli- Block ein Geheimtipp für Safari-Enthusiasten. Selbstfahrer kombinieren die Region mit dem Central Kalahari Game Reserve, den Makgadikadi- Salzpfannen und dem südlichen Okavangodelta. Schneller ist das Flugtaxi von Angel Gabriel (Maun–Tuli, Tuli–Johannesburg, www.angelgabriel.co.za).
Übernachten für Selbstversorger & Genussreisende
€–€€ Tuli Wilderness (www.tulitrails.com) betreibt das »Serolo Camp« und das rustikale »Molema Bush Camp«.
Kalahari – Rendezvous mit der Einsamkeit
Das erste Erdmännchen krabbelt aus dem Bau und stellt sich auf die Hinterbeine. Dann erscheint das nächste. Überall ploppen sie nun aus dem Boden. Ihre Augen prüfen Landschaft und Himmel. Doch Feinde sind keine in Sicht. So tobt gleich die ganze Kolonie mit allen Jungtieren herum – ein wogendes Fellknäuel mit haarigen Schwänzen und neugierigen Nasenspitzen.
Ein großer Teil des Zentrums Botswanas steht unter Naturschutz: Hier gibt es das riesige Central Kalahari Game Reserve, den Nxai-Pan- Nationalpark, und den Makgadikgadi-Pans- Nationalpark. In den scheinbar unendlichen Salzpfannen und Trockensavannen bekommt man jene Tiere zu Gesicht, die sich sonst vor einem verstecken: Erdmännchen, Löffelhunde und Honigdachse. Auch große Herden an Springböcken, Gnus und Zebras ziehen durch die weite Ebene, verfolgt von vielen Geparden und den Kalaharilöwen mit ihren schwarzen Mähnen. Unterkünfte gibt es nur wenige: Hier zahlt man oft hohe Preise für die Abgeschiedenheit. Wer auf Komfort keinen Wert legt, kann aber auch campen.
Für jedes Budget das RichtigeUnser Autor empfiehlt – Camping unterm Baobab
Kubu Island liegt im Zentrum Botswanas in der topfebenen Sowa-Pfanne, einem vor Tausenden von Jahren ausgetrockneten See. Hin kommt man nur in der Trockenzeit per Geländewagen. Strom gibt es nicht, Brennholz, Ausrüstung, Verpflegung und Wasser muss man mitbringen. Doch die Stellplätze des Campingplatzes liegen neben uralten Baobabbäumen, und nachts sieht man den schönsten Sternenhimmel des Landes. Afrika-Feeling pur! (www.kubuisland.com).
Im Geländewagen unterwegs
Botswana lässt sich auch als Selbstfahrer im Geländewagen erkunden. Am besten übernimmt man das Fahrzeug in Maun oder Kasane. Vorausgebucht ist ein Toyota Single Cab im September ab € 350/Woche buchbar (Metapreisvergleich www.REISE-PREISE.de/mietwagen). Vor Ort bei Maun Self-Drive 4x4 (www.maunselfdrive4x4. com) kostet ein Nissan Hardbody mit Campingausstattung, Versicherung, unbegrenzten Kilometern, Satelliten-Telefon und GPS € 165 pro Tag. Der Anbieter reserviert auch Campingplätze und Lodges. Travel Adventures Botswana (www.traveladventuresbotswana. com) verlangt für einen Toyota Hilux je nach Saison US$ 140–210. Die Preise sind in den Nachbarländern Südafrika und Namibia zwar oft günstiger, doch spart man bei Übernahme in Botswana die weite Anreise und Kosten für Sprit und Grenzübertrittsgebühr.
Im Chobe-Nationalpark sind die Pisten tiefsandig, Abschleppseil, Schaufel, Wagenheber sind Pflicht. Für eine Durchquerung (Maun–Kasane direkt 360 km) sollte man alle Tanks füllen. Hilfreich zur Navigation ist die App »Tracks4Africa«. Bei Notfällen hilft ein Satellitentelefon. Im Okavangodelta sind von Dezember bis April viele tiefe Wasserfurten – erst durchwaten!
Gemeindeprojekte – Unterwegs jenseits der Hauptattraktionen
Jetzt, da einem das Gehirn anscheinend einen kapitalen Streich spielt, ist es Zeit für eine Pause. Mitten in der Weite der Kalahari, wo nur noch roter Sand und blauer Himmel wohnen, flimmert es über der schnurgeraden Straße. Auf dem Asphalt liegen Wasserpfützen, die sich beim Näherkommen aber in Luft auflösen. Und am Wegesrand steht eine Herde Dromedare – sicher eine Fata Morgana.
Die Tiere sind allerdings alles andere als eine wüste Illusion. Sie tragen Sattel, um als »Schaukelpferde « Touristen durch den Busch und über die Dünen zu tragen. Mit ihren Schwielensohlen treten sie nicht nur sanft auf, sondern ertragen auch mühelos den heißen Sand. Die Vorfahren der Kamele waren einst im Einsatz für die Polizei. Beamten gingen mit ihnen in der Wüste auf Patrouille. Heute sind die Tiere eine Attraktion für Besucher, und übernachten kann man bei ihnen auch.
Botswanas Gemeindeprojekte wie der »Tsabong Ecotourism Camel Park« richten sich an Selbstfahrer und sind eine günstige Alternative zu teuren Safaricamps. Komfort sollte man nicht erwarten. Die Community-Projekte erschließen bislang kaum bereiste Ecken des Landes. Im Westen liegt der Kamelpark von Tsabong auf dem Weg zum Kgalagadi-Transfrontier- Nationalpark. Im Osten kann man bei Palapye die Schluchten der Tswapong Hills erkunden. Um die Ecke bei Serowe liegt das Khama Rhino Sanctuary, ein Naturreservat mit Beteiligung der Bevölkerung. Hier sieht man Spitzmaul- und Breitmaulnashörner. Im Norden am Chobe-Nationalpark gibt es im Städtchen Kasane den Seboba Nature and Recreational Park. Ein Cultural Village zeigt die Traditionen der vier lokalen Ethnien.
Projektadressen in Botswana
Tswapong Hills/Goo-Moremi Gorge:
Autor: Helge Bendl (3/2017)