Hongkong-Macau China zwischen Tradition und Postmoderne
Konflikte in der Familie drohen, und auch im Job werde ich dieses Jahr zu kämpfen haben. Und die Liebe? Priscilla Lam, Geomantikerin und Wahrsagerin, schüttelt traurig den Kopf. Keine rosaroten Wolken in Sicht. Insgesamt düstere Prognosen für das Jahr des Tigers.
Der Wong-Tai-Sin-Tempel, die größte Kultstätte Hongkongs, liegt inmitten von Hochhausschluchten. Ein idealer Platz, um in den chinesischen Alltag einzutauchen. Ganze Familien stehen Schlange, um Räucherstäbchen zu opfern, die ihre Wünsche zu den Göttern tragen. Und viele ziehen gleich weiter zu einem der 160 Wahrsager im Nebengebäude. Priscilla Lam gehört zu den renommierten – schließlich zählt sie auch Filmstar Jackie Chan und andere Promis zu ihren Kunden. Meine trostlose Zukunft scheint ihr nahezugehen. Endlich – nach erneutem Blick in ihre Bücher – entspannt sich die Miene der Meisterin: »Freuen Sie sich, Ihre Gesundheit ist stabil. « Und weil man dem Schicksal manchmal auch ein bisschen nachhelfen kann, rät sie mir zum Abschied: »Kaufen Sie ein Aquarium«. Am nächsten Morgen stehe ich schon um acht Uhr morgens an der Hafenpromenade vor Hongkongs grandioser Skyline. Zu den China-Arien, die vom altersschwachen Kassettenrekorder scheppern, bewegen sich Pandorra und William in Zeitlupe. Rund zwanzig Tai-Chi-Anfänger versuchen, den Meistern nachzueifern, die Energie zum Fließen zu bringen und ein bisschen mehr von der komplexen Kultur Chinas zu verstehen. Die kostenlose Schnupperstunde gehört zum Angebot des Fremdenverkehrsamtes. Genauso kann man einem Feng-Shui-Meister über die Schulter schauen, einen Crashkurs in Traditioneller Chinesischer Medizin buchen oder mit einer der letzten traditionellen Dschunken den Hafen erkunden. Und eines steht fest: Zum Shoppen allein ist Hongkong viel zu schade.