REISEBERICHT BASKENLAND Schmelztiegel zwischen Frankreich und Spanien
Das Baskenland in Spanien & Frankreich: Bilbao, Biarritz, Saint-Jean-de-Luz, San Sebastian
Welch ein Zauberforst! Es ist still, einsam. Plötzlich treten stilisierte Augen an Kiefern hervor. Bunte Spiralen ringeln sich um Baumstämme. Flächen und Formen tauchen auf, verschwinden, verschmelzen ineinander, leuchten rot, gelb, grün. Je nach Blickwinkel fügen sich die Gebilde wie magisch zusammen, egal, ob sie gerade eine Armlänge oder fünfzig Meter entfernt liegen. Der »Bemalte Wald«, Bosque Pintado, gilt als größter Wurf des baskischen Künstlers Agustín Ibarrola. Hier, in der Nähe des Landstädtchens Gernika, hat er eine einzigartige Open-Air-Kunst geschaffen. Das Baskenland hält überall Überraschungen bereit, Außergewöhnliches, nie Gesehenes. So wie das Guggenheim-Museum in Bilbao, dessen Titanüberzug je nach Lichteinfall golden oder silbrig gleißt. Das Bauwerk hat den Wandel von einem Industriemoloch in ein Cityziel beflügelt. Für Elena Arzak, Spaniens bekannteste Sterneköchin, die in San Sebastián ihre Küchenkunst zelebriert, war der Museumsbau die Initialzündung für die »heutige internationale Entdeckung des ganzen Baskenlands«.
Das Baskenland gibt es quasi doppelt: auf spanischer Seite als Autonome Gemeinschaft (7.234 qkm), was einem deutschen Bundesland entspricht, auf französischer als Teil des Départements Pyrénées-Atlantiques (knapp 3.000 qkm). Grenzübergreifend ist die baskische Sprache Euskera, die aber nur von Teilen der Bevölkerung gesprochen wird. Es gibt meist zweisprachige Beschilderungen (Bask., Span./Franz.).
Deutlich stärker tritt der baskische Charakter auf spanischer Seite hervor, was bedeutet: kernig, rau, hart, aber herzlich. Und mit Selbstbewusstsein ausgestattet. So ist es kein Zufall, dass im Erstliga-Fußballclub Athletic Bilbao nur Basken oder im Baskenland ausgebildete Kicker spielen dürfen. Rücken überbezahlte Balltreter der Starensembles aus Madrid oder Barcelona an, zeigt man, was in baskischen Beinen und Lungen steckt. Beim Schlagballspiel Pelota ist dagegen die Reihe an bloßen Händen - damit werden Gummibälle am liebsten gegen die Wände geknüppelt. Der wahre Baske zeigt keinen Schmerz. Ebenso wenig bei Wettbewerben, wo es ans Baumstammzerlegen, Steinestemmen und Milchkannenlaufen geht. Oder bei Meeresregatten von Ruderbooten. Derlei Bräuche und Traditionen sind ein besonderer Ausdruck von Regionalpatriotismus. Basken sind stolz auf ihr Ländchen zwischen Atlantik und Bergen. Und das können sie auch sein.
DAS SPANISCHE BASKENLAND
SAN SEBASTIÁN - Die Schöne an der Muschelbucht
Und ab an die Muschelbucht! Hier riecht es nach Meer, hier glänzt San Sebastián mit seinen Vorzeige-Ansichten. Breite Flanierpromenaden, Strand, schmucke Laternen und Gitter, dazu in Sicht die beiden grünen Hügel Igueldo und Urgull. Kein Wunder, dass die hier aufgewachsene Deutsch-Spanierin Laura Harms, 30, sagt: »Für mich ist das die schönste Stadt in Spanien.« Der ursprüngliche Aufschwung San Sebastiáns setzte im 19. Jh. ein, als das Königshaus aus Madrid wegen des gesunden Klimas anrückte. Bis heute hat sich der Glanz der Belle Époque erhalten, doch nicht nur das. Die Altstadt trumpft mit einer Dichte aus 200 Kneipen auf, die fantastische Häppchen auffahren (um € 2-3, je nach Aufwand). Im Restaurant »Arzak« zelebriert Spaniens bekannteste Köchin Elena Arzak die »Neue baskische Küche«; das Degustationsmenü ist sagenhaft, kostet aber auch € 237 plus Getränke (Alto de Miracruz 21, 0034-943278465, www.arzak.es). Kalorien abtrainieren? Nichts leichter als das. Über der Altstadt steigen Sie auf den von einem Christusbildnis gekrönten Berg Urgull (klasse Aussichten), die zweite Bucht am Zurriola-Strand ist Surferparadies. Zu einem Spaziergang bieten sich auch die Flusspromenaden am Urumea an; dort liegen besonders elegante Häuser aus alter Zeit. Was es sonst noch gibt: einen netten Hafenbereich, das Aquarium (€ 13, Kinder € 6,50. www.aquariumss.com), in der Altstadt den Bretxa-Markt, im Westteil der Mu - schelbucht eine Standseilbahn auf den Igueldo (€ 3,15 return).
€€€ Die Traumaussichten über San Sebastián sind das beste Argument für das auf dem Igueldo-Berg gelegene »Hotel Mercure San Sebastián Igueldo« (www.monteigueldo.com).
LUXUS Edeladresse ist das historische »Hotel María Cristina« (www.starwoodhotels.com).
BILBAO - Viel mehr als nur Guggenheim
Verschlungene Gassen mit kleinen Geschäften, die noch auf persönlichen Service setzen. Farbenfrohe Fassaden mit Glasvorbauten. Schmiedeeiserne Balkongitter mit Blumenkästen. Vereinzelt sind baskische Flaggen zu sehen und kleine Unabhängigkeitsplakate. Hier in der Altstadt, um den Plaza de Unamuno und die Siete Calles (»Sieben Gassen«), ist die 400.000-Einw.-Metropole am ursprünglichsten. Eingezwängt von Häusern liegt die Kathedrale Santiago (€ 5) da, während sich mit dem Plaza Nueva ein arkadenumzogener Platz öffnet. Hier finden die Locals ein verlängertes Wohnzimmer mit Cafés und Kneipen wie »Bertoko Berria« (Häppchen ab € 2,10). Am Altstadtrand rattern Straßenbahnen vorbei, erheben sich emblematische Bauten: die 1929 erbaute Ribera-Markthalle mit Standgewimmel und Gastrobars, das Theater Arriaga. Spazieren Sie von hier auf der Promenade am Fluss Nervión entlang, steuern Sie auf das Rathaus zu, die »Weiße Brücke« Zubizuri und das berühmteste Bauwerk im Baskenland: das Guggenheim-Museum. Das futuristische Schachtelwerk bietet wechselnde Ausstellungen unterschiedlichster Qualität. Doch egal, was gerade drinsteckt - die Architektur an sich ist die Kunst (Eintritt je nach Ausstellungen € 10-16, www. guggenheim-bilbao. eus). Be nachbarte Blickfänge sind die Blumenhundskulptur »Puppy« von Jeff Koons und der 165 m hohe Iberdrola-Wolkenkratzer von César Pelli.
Perspektivische Wechsel verschaffen eine Flussbootfahrt (1 Std. € 13, www.bilboats.com) und eine Auffahrt in der Standseilbahn auf den Hügel Artxanda (retour € 3,25). Ebenfalls lohnend: ein Bummel durch den Stadtpark und über die Shoppingmeile Gran Vía; das Museum der Schönen Künste mit alten Meistern wie El Greco und Goya (Di. geschl., € 10, freier Eintritt 18-20 Uhr; www.museobilbao.com).
Stilvoller Klassiker für die Einkehr ist das alte »Café Iruña« (Jardines de Albia). Dessen Spezialität sind marinierte Spießchen, pintxos morunos, für € 2,50, ein Tagesmenü kostet € 14,50, am Wochenende € 22.
€€ Zentral liegt das »Petit Palace Arana« »Petit Palace Arana« (www.petitpalacearanabilbao.com); Leihfahrräder kostenlos.
€€€ Schick und modern ist das »Meliá Bilbao« am Stadtpark (www.melia.com).
TIEF IM INLAND - Abstecher ins Mittelalter
Hineinspaziert ins Mittelalter! Hinter dem wuchtigen Mauermantel trumpft Laguardia mit einem Gassengeflecht auf, Häusern mit Blumenschmuck und derKirche Santa María de los Reyes. Hinter dem Hauptportal der Kirche verbirgt sich das ursprüngliche: ein gotisches Portal aus Stein, komplett farbig bemalt - einmalig (€ 3). Zu Füßen des Höhenorts Laguardia liegen die Weingärten des Anbaugebiets Rioja Alavesa. Nicht nur die Roten haben es in sich, auch manche Kellereien, die sich mit Aufsehen erregender Architektur schmücken.
TIPP Bei Laguardia bricht Santiago Calatravas Wellendachdesign der Bodegas Ysios (Besuch € 15; http://visitas.pernodricardbodegas.com) mit der Landschaft, in Elciego hat Guggenheim- Genie Gehry metallische Blüten himmelwärts streben lassen - sie gehören zu den Bodegas Marqués de Riscal (Besuch € 16; www.marquesderiscal.com).
Laguardia ist gut kombinierbar mit der baskischen Hauptstadt Vitoria. In der Altstadtgasse Cuchillería liegt das kuriose Museum historischer Spielkarten (Eintritt frei), am Altstadtrand das Kunstmuseum Artium (€ 5). Ab Vitoria geht es weit westwärts zu den Salzgärten von Salinas de Añana (Führung € 7, mit Salzverkostung € 8,50; www.vallesalado.com) und in den Naturpark Valderejo, wo eine Wanderung durch die Schlucht des Río Purón führt. Der Park ist Lebensraum von Gänsegeiern.
€€€ Das »Hotel Villa de Laguardia« »Hotel Villa de Laguardia« bietet Thermalbad, Spa, Sauna und Türkisches Bad (www.hotelvilladelaguardia.com).
DAS FRANZÖSISCHE BASKENLAND
SAINT-JEAN-DE-LUZ
Das Städtchen an der Mündung der Nivelle ist eines der attraktivsten an Frankreichs Atlantikküste. Die Gründe: der durch eine Bucht geschützte Sandstrand, die Altstadt und der malerische Hafen, um den sich Kutter, Masten und Häuserzeilen zum Gesamtbild fügen. Oft tuckern Boote durch die schmale Flusseinfahrt ins geschützte Becken, Fischer bringen die Fänge an Land, an den Kais stapeln sich Netze. Im Mittelalter zerlegten hier Walfänger ihre Beute.
Hinter dem Hafenbassin liegt der Place Louis XIV mit Restaurants, Musikpavillon und dem Einstieg in die Fußgängerzone Rue Gambetta. Dort erhebt sich die Kirche Saint-Jean- Baptiste; Blickfänge im Innern sind die Holzemporen. Östlich der Bucht führen Spazierwege zu Klippen hinauf. Genießen Sie die Aussicht und lassen Sie sich den Seewind um die Nase wehen.
€€€ Etwas abseits, dafür günstig: das »Hôtel Donibane« »Hôtel Donibane« (www.hotel-donibane-saintjeandeluz.fr). Pool, kostenlose Parkplätze.
€€€€ Eine tolle Lage über dem Strand und elegante Zimmer bietet das »Grand Hôtel Thalasso & Spa« (http://luzgrandhotel.fr).
BIARRITZ - Seebad der Reichen und Schönen
Biarritz ist das schicke Pendant zu San Sebastián. Zwar um einige Nummern kleiner, aber ebenfalls mit royaler Vergangenheit. Mitte des 19. Jahrhunderts drückten Kaiserin Eugénie und Napoléon III. der Stadt mit der Wahl ihrer Sommerresidenz einen wegweisenden Stempel auf. Der einstige Palast ist heute ein Grandhotel, das sich über dem Hauptstrand erhebt. Oft flitzen Surfer über die Wellen, auch an abgelegeneren Stränden wie am Côte des Basques. Der »Jungfraufelsen «, Rocher de la Vièrge, ist der wildeste Spot in Biarritz. Um den Felsvorsprung, zu dem eine von Gustave Eiffel konzipierte Eisenbrücke führt, kocht oft der Atlantik und schickt seine Gischt als Gruß hinauf. In ruhigeres Fahrwasser geraten Sie ein Stück dahinter im Aquarium (€ 14,90).
Sündhaft teuer sind Boutiquen und Auslagen in Patisserien, bodenständiger geht es um den kleinen Fischerhafen zu. In den Restaurants zeigt sich, dass das Preisniveau im französischen Baskenland deutlich höher ist als im spanischen. Sie bekommen, auch mengenmäßig, längst nicht so viel fürs Geld. Und in Tagesmenüs (ab ca. € 25) sind, anders als vielerorts in Spanien, Wein und Mineralwasser nicht inbegriffen.
€€ Ein nettes, kleines Stadthotel im Zentrum ist »Le Gamaritz« (http://hotel-biarritzgamaritz.com).
€€€ Nah dran am Hauptstrand von Biarritz und doch etwas abseits liegt das »Sofitel Biarritz Le Miramar Thalassa Sea & Spa« (http://sofitel.accorhotels.com). Mit schönen Seeblicken, Spa, beheiztem Meerwasserbad, Restaurant und Pianobar.
TIPP Das sollten Sie nicht versäumen
1 PINTXOS ESSEN UND TXAKOLÍ PROBIEREN
Die baskischen Tapas, Pintxos genannt, sind köstlich und oft aufwändig gemacht (€ 1,20-3). Dazu passt der junge, fruchtigvollaromatische Weißwein Txakolí aus dem Küstenhinterland von Getaria (Glas um € 2).
2 DIE »SCHWEBEBRÜCKE« ERKUNDEN
Mit der Schwebefähre Puente Colgante (€ 0,40) bei Bilbao über den Fluss fahren. In knapp 50 m Höhe verläuft ein Panoramasteg (€ 8, Auffahrt per Aufzug).
3 KÜSTENTHRON BESTEIGEN
Über 230 Treppenstufen führen hinauf zur Kapelle San Juan de Gaztelugatxe mit grandiosem Meerblick. Kostenlose Tickets obligatorisch, online über http://web.bizkaia.eus/es/gaztelugatxe.
4 DEN »BEMALTEN WALD« DURCHSTREIFEN
Zum Bosque Pintado sind es rund 3 km Fußmarsch vom Parkplatz bei der Höhle Santimamiñe nordöstlich von Gernika. Originelle Freiluftkunst zum Nulltarif.
5 BOOTSBAUWERKSTATT BESUCHEN
An der Bucht von Pasai San Pedro (zwischen San Sebastián und der Grenze) wird in der Bootswerkstatt Albaola bis 2020 ein historisches Handelsschiff nachgebaut (www.albaola.com, € 7).
Unsere Autor empfiehlt Wunderschönes dörfliches Baskenland
Kaum sind Sie von St.-Jean-de-Luz gut zehn Fahrminuten landeinwärts gerauscht, sieht es mit Berg- und Dorfwelten ganz anders aus. Über das malerische Dorf Ascain (mit baskischem Fachwerk und Pelotaspielfeld) geht‘s zum Startpunkt der Zahnradbahn auf den 905 m hohen Pyrenäengipfel La Rhune (€ 19 return, www.rhune.com; Mitte März-Anfang Nov.). Ein Stück tiefer im Inland erkunden Sie die ausgeleuchtete Unterwelt in den Grotten von Sare (€ 8,50, www.grottesdesare.fr). Lohnende Ziele sind auch die Kathedralstadt Bayonne, der Lac de Saint-Pée (kleiner Badesee) und die typischen Dörfer Ainhoa und Espelette (bekannt für sein aromatisches Gewürz Piment d‘Espelette).
€ einfach €€ einfache Mittelklasse €€€ gehobene Mittelklasse €€€€ anspruchsvoll
Autor: Andreas Drouve (1/2019)
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