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Condor-Chef Ralf Teckentrup (62) im Interview mit REISE & PREISE. Der gebürtige Westfale leitet seit 2004 die Geschäfte bei Deutschlands größtem Ferienflieger

Condor-Chef Ralf Teckentrup (62) im Interview mit REISE & PREISE. Der gebürtige Westfale leitet seit 2004 die Geschäfte bei Deutschlands größtem Ferienflieger

INTERVIEW Condor-Chef Ralf Teckentrup im REISE & PREISE-Interview

REISE & PREISE sprach mit Condor-Chef Ralf Teckentrup (62) über die Corona-Krise und die Veränderungen, Vorschriften und Gefahren, die der Urlaubssommer 2020 mit sich bringt.

Herr Teckentrup, saßen Sie seit Beginn der Corona-Krise schon mal wieder im Flieger?

Ja! Vor wenigen Tagen bin ich mit einem unserer Look & Feel-Flüge nach Mallorca geflogen. Das sind Sonderflüge mit Reisebüromitarbeitern und -veranstaltern, damit sich jeder selbst davon überzeugen kann, dass man sich auf einer Urlaubsreise auch in diesem Jahr wohl und sicher fühlt. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und eine Vielzahl an Schutzmaßnahmen umgesetzt. Diese Erfahrungen helfen unseren Vertriebspartnern bei Kundengesprächen, insbesondere im Reisebüro.

Die dunklen Wolken am Reisehimmel hellen sich nach dem Ende der weltweiten Reisewarnung langsam wieder auf. Stimmt Sie das hoffnungsfroh?

Es war ein wichtiger erster Schritt, dass Reisen innerhalb der EU seit 15. Juni wieder erlaubt sind. Wir merken an unseren Buchungszahlen, dass die Deutschen auch in diesem Jahr Lust haben, zu verreisen. Aber es ist natürlich völlig klar: Dieser Sommer verläuft ganz anders, als wir das gewohnt sind. In unserem normalen Sommerprogramm stehen auch reihenweise Langstreckenziele, die wir derzeit gar nicht bedienen können. Das wird sicherlich auch noch eine Weile dauern.

Viele europäische Länder öffnen zu Beginn der Sommerferien die Flughäfen. Werden jetzt die alten Flugpläne einfach wieder rausgeholt?

Wir haben einen neuen Flugplan für diesen Sommer erarbeitet, auf den sich unsere Kunden und unsere Partner, wie zum Beispiel die Reiseveranstalter, verlassen können. Man wünscht sich in dieser Zeit ja vor allem auch Planungssicherheit und dafür steht unser Flugplan. Wir fliegen diesen Sommer ab acht Abflughäfen, also Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg, München, Hannover, Berlin-Schönefeld, Leipzig-Halle und Stuttgart vor allem auf die Balearen und Kanaren, Griechenland, Kroatien und Zypern.

Stehen Sie in Kontakt mit Behörden der Zielländer oder ist das Aufgabe der Reiseveranstalter, die dann bei Ihnen anklopfen, wenn’s wieder los geht?

Wir beobachten die Situation in unseren Destinationen sehr genau und stehen in ständigem Kontakt mit den Behörden, Fremdenverkehrsämtern und den Reiseveranstaltern.

Das Außenministerium hat gerade die Reisewarnung für alle außereuropäischen Länder bis zum 31. August verlängert. Ist das gerechtfertigt? Schließlich gibt es Länder wie Thailand, Neuseeland und viele Karibikstaaten, da ist die Situation nicht schlechter als hier.

Ich finde, das Auswärtige Amt macht sehr gute Arbeit. Letztlich muss abgewogen werden, wie die Infektionszahlen sich entwickeln. Wenn ich mir da zum Beispiel die USA anschaue, vor allem im Sommer ein sehr wichtiges Zielgebiet für Condor, ist das sehr besorgniserregend. Es bleibt abzuwarten, wann das Auswärtige Amt Drittstaaten für Urlaubsreisen wieder öffnet, aber auch, wann die Destinationen ihre Einreisebestimmungen so anpassen, dass Deutsche dort wieder ihren Urlaub verbringen können.

Ist Tunesien nach der Öffnung jetzt weiter außen vor? Auch St. Lucia in der Südkaribik ist wieder frei, Grenada, Barbados oder Kuba könnten folgen. Startet Condor dann trotz allgemeiner Reisewarnung wieder durch?

Wir hoffen, dass wir im Herbst wieder Langstreckenflüge anbieten können und ich denke, dass Destinationen wie die Dominikanische Republik, Mexiko oder Kuba dann auch wieder bereit für Urlauber sind.

Fluggäste sollen am Flughafen einen Mundschutz tragen. Wie muss man sich das beim Boarding vorstellen? Steht man dann mit 1,5 Meter Abstand wie an der Supermarktkasse?

Ja, das ist genau so. Wir haben viele Schutzmaßnahmen eingeführt, zu denen auch das Boarding in kleinen Gruppen gehört. Gäste tragen ab Betreten des Flughafens einen Mund-Nasen-Schutz, unsere Mitarbeiter am Check-in und Gate sowie an Bord natürlich auch. Am Flughafen ist Abstand halten die oberste Devise, an Bord hingegen ist das nicht immer möglich – aber auch nicht nötig: Die Luftqualität in Flugzeugkabinen ist extrem hoch, weil die Luft alle drei Minuten komplett ausgetauscht wird. Zudem strömt sie von oben nach unten, also rein vertikal, und wird von Hochleistungsfiltern gereinigt. Auch ausgestiegen wird in kleinen Gruppen, das klappt auch gut: Die Gäste werden reihenweise aufgerufen und verlassen dann geordnet das Flugzeug.

Maßnahmen, die nicht nur Nerven kosten, sondern auch Zeit. Wie viele Stunden vor Abflug muss man jetzt am Flughafen sein?

Wir empfehlen unseren Gästen, den Vorabend- oder Online-Check-in zu nutzen und wie gewohnt zwei Stunden vor Abflug am Flughafen zu sein.

Muss bei Condor an Bord ein Mundschutz getragen werden, der nur zum Essen und Trinken abgenommen werden darf? Muss Handgepäck in Corona-Zeiten draußen bleiben?

Ja, an Bord tragen alle Gäste und die Kabinencrew einen Mund-Nasen-Schutz. Handgepäck ist erlaubt, aber auf ein Gepäckstück reduziert – so entsteht beim Einsteigen kein Stau, wenn der Gast mehrere Handgepäckstücke erst einmal verstauen muss. Außerdem geht es an der Sicherheitskontrolle schneller.

Wie handhabt Condor das mit dem Mittelsitz? Bleibt der frei? Können verunsicherte Fluggäste den Mittelsitz kostenpflichtig mitbuchen?

Ein freier Mittelsitz ist nicht notwendig, weil erstens jeder an Bord einen Mund-Nasen-Schutz trägt und zweitens die Luft eben nicht horizontal, sondern vertikal strömt, gefiltert wird und kontinuierlich ausgetauscht wird. Wir arbeiten gerade an einem Konzept für die Kunden, die sich dennoch einen freien Mittelsitz wünschen, also sozusagen die „Gürtel-und-Hosenträger-Variante“.

Wäre es nicht sinnvoller, Fluggäste vor der Abreise kurzfristig zu testen und danach Urlaubsnormalität einkehren zu lassen?

Letztlich entscheiden das die Destinationen, unter welchen Bestimmungen sie Urlauber empfangen möchten. Es ist nicht auszuschließen, dass manche Länder das künftig fordern werden, die Infrastruktur muss sich dafür aber erst noch entwickeln.

Ein Werbefilm einer Golfairline zeigt dieser Tage Stewardessen in Ganzkörper-Schutzanzügen mit Mundschutz und Einmal-Handschuhen. Sieht so zukünftig der Flug in den Urlaub aus?

Nein. Unsere Mitarbeiter tragen zwar eine Maske, freuen sich aber so sehr, dass sie unsere Gäste wieder fliegen können, dass man ihr Lächeln in ihren Augen sieht.

Lufthansa und FTI sind wegen der gesunkenen Nachfrage mit einer Rückholgarantie in die Offensive gegangen. Zieht Condor jetzt nach?

Wir haben schon im März und April innerhalb von vier Wochen 80.000 Europäer aus aller Herren Länder, die teilweise überhaupt nicht in unserem Flugplan stehen, wieder nach Deutschland zurückgebracht. Ich denke, da haben wir unter Beweis gestellt, dass wir Rückholaktionen können – ich gehe aber davon aus, dass es das nicht noch einmal brauchen wird.

Der Lockdown hat Condor gleich doppelt getroffen, der Flugbetrieb wurde lahmgelegt, die Übernahme durch die polnische LOT ist geplatzt. Ist da das letzte Wort schon gesprochen?

Condor ist durch einen Kredit der Bundesregierung und der Hessischen Landesregierung durchfinanziert und steht im Moment nicht zum Verkauf. Einen Investorenprozess werden wir wieder starten, wenn die Auswirkungen der Corona-Pandemie überwunden sind. Das wird also noch dauern. Ob sich LOT dann wieder bei uns meldet, werden wir sehen. Auch wenn das noch in ferner Zukunft liegt, bin ich überzeugt, dass wir wie beim letzten Verkaufsprozess viele gute Angebote für Condor bekommen werden. Diese Airline steht für Urlaub, wie keine andere, wir sind nicht umsonst Deutschlands beliebtester Ferienflieger – und das seit fast 65 Jahren.

Herr Teckentrup, vielen Dank für das Gespräch!



(10.07.2020, rp)

 
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