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Flug mit Klima-Schock: Zwischen Singapur und New York herrschen 30 Grad Temperaturunterschied

Flug mit Klima-Schock: Zwischen Singapur und New York herrschen 30 Grad Temperaturunterschied

Singapore AirlinesNonstop von Singapur nach New York

Mehr als 15.000 Kilometer nonstop fliegen bedeutet den völligen Verlust des Raum-Zeit-Gefühls. Und einen Klima-Schock: Zwischen Singapur und New York herrschen 30 Grad Temperaturunterschied. Zum Trost gibt es unterwegs Champagner – für alle.

Der Airbus A350-800 ULR gleicht an diesem gerade erst angebrochenen Mittwoch einer gigantischen Zeitmaschine. Das Flugzeug wird dank Zeitverschiebung trotz etwa 17 Stunden in der Luft nur fünf Stunden später, kurz vor Sonnenaufgang, in New York landen.

Keine Passagiermaschine überwindet so viele Kilometer am Stück wie Flug SQ22 von Singapore Airlines aus Singapur – 15.300.

Reise um die halbe Welt

Knapp 161 Passagiere kämpfen am Gate A15 kurz nach Mitternacht in schummerigem Licht gegen schwere Augenlider und anhaltendes Gähnen. Dann endlich: Einsteigen. Das Gedränge bleibt aus, denn für einen Langstreckenflug ist die Zahl der Passagiere gering. Die Umrundung des halben Globus fühlt sich an wie Berlin-München.

In der Business Class nehmen die Stewardessen den Passagieren charmant die vorsorglich mitgebrachten Mäntel ab. Und sie bewegen Tabletts mit Champagner und Orangensaft durch die Kabine. Etwas weiter hinten in der Premium Economy Class ist ein wenig mehr Gewusel. Dann endlich sitzen alle.

Leise setzt sich das schmale Flugzeug in Bewegung und rollt zum Start, da sind schon die ersten Passagiere eingeschlafen. Der Rest greift zu einem bewährten Mittel, das lange Flüge erträglicher macht: Alkohol. Singapore Airlines hat vorgesorgt. 100 Liter Wein und Champagner sind geladen, das macht mehr als einen halben Liter pro Passagier.

Weniger Passagiere, weniger Spritverbrauch

Für die seit Oktober 2018 bestehende Flugverbindung setzt die Airline auf das Erfolgsrezept eines olympischen Skispringers: geringes Gewicht und günstiger Luftstrom. Daher die wenigen Passagiere.

Der Tank eines A350 oder A380 reicht unter gewöhnlichen Umständen nicht, um einmal nonstop halb um den Globus zu fliegen. Zwischen 2004 und 2013 flog Singapore Airlines die Strecke Singapur-New York regelmäßig – mit einem wesentlich sprithungrigeren Flugzeug, dem A340 mit vier Triebwerken. Doch wegen der enormen Spritmengen und steigender Ölpreise lohnte sich das irgendwann nicht mehr.

Jetzt hat man sich eine neue Strategie einfallen lassen: Premium Economy und Business Class statt ausschließlich Business Class – und deutlich weniger Spritverbrauch.

Irgendwann nach etwa der Hälfte der Flugzeit haben sich viele bestmöglich auf ihren Sitzen zusammengerollt und versuchen zu schlafen. Doch den wenigsten gelingt es. Anders in der Business Class, wo sich der Sitz zu einem komplett flachen Bett umbauen lässt.

Kulinarisches Programm

Etwa drei Stunden vor der Landung gibt es für die meisten Passagiere an Bord die dritte volle Mahlzeit hintereinander, dazwischen gab es sogar noch einen Snack. Denn kaum jemand steigt wohl ohne Abendessen in einen Flieger kurz nach Mitternacht. Nach dem Start gab es eine sogenannte leichte Mahlzeit – doch auch die hatte es in sich. Nun also eine sogenannte volle Mahlzeit. In der Business Class gibt es auf weißen Tischdeckchen serviert traditionelle Satay-Spießchen als Appetizer. Danach folgt eines der zahlreichen Gerichte, die man schon zuvor bestellen konnte: Angus-Steak oder traditionelle Reisnudeln in Kokoscreme-Meeresfrüchte-Soße zum Beispiel.

In der Premium Economy konnte man sich ebenfalls für Gerichte vor dem Flug entscheiden. Für Liebhaber gibt es auch Reisbrei mit Schweinehack, gekochten Erdnüssen und Tausendjährigem Ei. Wer nicht vorbestellt hat, darf heute zwischen geschmorter Hühnerbrust in Senfsoße, Fisch mit Bohnen und Blumenkohlbratling mit Tahini wählen.

Auf Frühstück wartet man vergeblich. Irgendwann, etwa eine Stunde vor Landung, hat das Kabinen-Personal erst eine Handvoll Kaffees ausgeschenkt. In Bezug auf Zeitzone und Tag-Nacht-Rhythmus etwas unsicher, entscheiden sich die meisten noch immer für Alkohol.

Mehr als 16 Stunden im Flieger

Ob der Flug anstrengender ist als sonst, geht die Frage an eine Flugbegleiterin. »Nein«, sagt sie. »Es macht keinen Unterschied, ob es 12 oder 18 Stunden sind – wir haben die gleichen Aufgaben, nur mehr Zeit dafür.« Einzig und allein die Kontaktlinsen leiden nach mehr als 14 Stunden unter der trockenen Luft. Im A350 ist es eng, daher braucht das Kabinenpersonal Erfahrung und eine spezielle Schulung für diesen Flugzeugtyp.

Eine knappe Stunde vor der Landung simuliert der Airbus mit seinem speziellen Lichtsystem einen sanften Sonnenaufgang. Fensterblenden auf, der Tag beginnt!

Im Landeanflug auf Newark erlebt man ein Lichterfest über New York. Überall blinkt und strahlt es in der Nacht. Sanft setzt der Airbus um Punkt 5.00 Uhr auf der Landebahn auf. 16 Stunden und 50 Minuten hat das Flugzeug gebraucht. Wie lang der Flug dauert, das ist nur mit einer Genauigkeit von plus minus zwei Stunden vorherzusagen. Es kommt auf die Bedingungen an.

Extreme Langstreckenflüge

Was kann da im Ultra-Langstrecken-Zeitalter noch kommen? Qantas plant bereits einen Nonstop-Flug Sydney-London ab der Saison 2022/2023. Dieser würde mehr als 17.000 Kilometer überwinden. Doch viel weiter wird es wohl niemals werden – weil es keinen Sinn macht. Andersrum fliegen wäre dann immer schneller.

An diesem Mittwochmorgen steigen die Passagiere des Airbus A350-800 ULR etwas zerknautscht, aber gut gelaunt, aus dem Flieger. Ob 12 Stunden oder 17 Stunden, das sei nun auch egal, ist allgemeiner Konsens. Schlafen konnten die meisten tatsächlich nicht. Aber bequem sei es trotzdem gewesen. Das wohl beste Erlebnis des Morgens: Flug SQ22 ist der erste, der an diesem Mittwoch in Newark landet. An der sonst brechend vollen Passkontrolle steht kein Mensch. Draußen geht gerade die Sonne auf. Schlafen kann man auch wo anders. Spätestens jetzt ist allerdings Zeit für einen Kaffee.

(28.11.2018, dpa)

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