Venezuela-Reisen Durch Venezuela auf Humboldts Spuren
Anakonda-Safari. Die Spannung steigt. Ein Fehlalarm liegt hinter uns. Eine erste gewaltige Ringelspur war ins Nirgendwo des Graslands verlaufen. Nun stehen Guide Junior und seine Begleiter mit Stöcken am Rand eines Schlammtümpels, um den Pflanzenüberzug zu durchkämmen. Als sie zu stochern beginnen, kommt Leben in den Morast. Ein Kaiman ergreift die Flucht, der Schuppenpanzer glänzt in der Sonne. Kurz darauf ein Handzeichen von Orlando, der heute vom Farmarbeiter zum Anakondajäger mutiert ist. Das Signal bedeutet: Hier ist eine! Angst hat er nicht vor großen, sondern vor kleinen Anakondas mit ihren messerscharfen Zähnen. »Die beißen besonders«, hatte Orlando bei der Anfahrt im Jeep erzählt und hinzugesetzt, wie er »klein« definiert: »Unter drei Metern«. Eine solche zieht er hervor, Hals und Körper des Reptils fest umklammert. Er legt es vor uns im Gras ab, ein fettes Knäuel, das beginnt, sich auseinander zu ringeln. Am Bauch tritt die Zeichnung aus schwarz umrandeten gelben Fleckenovalen hervor, hinter den Augen gehen zwei rötliche Streifen ab. Es sind hornige, leblose, nie gesehene Augen. Im nächsten Feuchtgebiet wartet eine Zugabe: fünf Meter Kraft und Masse. Die längsten Anakondas erreichen neun Meter und haben Kaimane auf ihrem Beuteplan. Appetit auf Menschen verspüren die Riesenschlangen keinen, auch auf uns heute nicht. Das Anakonda- und Kaimanterrain der Llanos, jenem Flachland im mittleren Süden Venezuelas, ist der krönende Abschluss meiner abenteuerlichen Tour. Doch beginnen wir von vorn.