
Reisen nach Äthiopien und den Blick auf Lalibela genießen
Foto: Flickr.com, DamienHRÄthiopien-Reise
Äthiopien - Land der Felsenkirchen und der 13 Monde
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Den alten, bärtigen Mann mit den dicken Brillengläsern hatten wir fast übersehen. Mit stoischer Ruhe sitzt er in einer rechtwinklig zugehauenen Öffnung im Fels und liest konzentriert in einer Bibel. Erst dann sehen wir: Noch drei weitere alte Männer, allesamt Priester, sitzen in Felsnischen, versunken in meditatives Bibelstudium. Schon vor Hunderten von Jahren mag sich diese Szene bei der Felsenkirche Bet Giyorgis in Lalibela genauso abgespielt haben. Von dem Dutzend Felsenkirchen in der Umgebung von Lalibela, datierend aus dem 12. und 13. Jh., als König Lalibela über sein Reich herrschte, ist Bet Giyorgis zweifellos die attraktivste. Wie genau das architektonische Meisterwerk zehn Meter aus dem bräunlichen Vulkangestein in die Tiefe gehauen wurde, bleibt noch immer ein Geheimnis.
Lalibela! Was in den Ohren von ausländischen Besuchern auf Reisen nach Äthiopien so geheimnisvoll wie Timbuktu und Sansibar klingt, ist für orthodoxe Äthiopier seit mehr als 700 Jahren ein Wallfahrtsort. Obwohl die Stadt, gelegen auf 2.600 Metern Höhe, mittlerweile über eine Flugpiste verfügt, gelangen manche Pilger heute noch in wochenlangen Fußmärschen hierher. Priester genießen weiterhin höchsten Respekt. Wenngleich Tourismus mittlerweile eine wichtige Einnahmequelle ist, spielen ausländische Besucher in Lalibela lediglich eine Nebenrolle: Als uns Priester im Innern der Felsenkirche jahrhundertealte Manuskripte zeigen, kniet eine Gruppe Einheimischer in Ehrfurcht auf die ausgelegten Teppiche, versunken in Gebete.
Jenseits der religiösen Idylle ist das Leben für die Kleinbauern hart. Über 80 Prozent der 83 Millionen Einwohner Äthiopiens leben auf dem Land und versuchen dem oft steilen und kargen Boden mit Holzpflug und Hacke ein Auskommen abzugewinnen. Im Hochland kultivieren Kleinbauern Teff, eine robuste und an Eisen und Kalzium reiche Getreidesorte. »Aber der Regen«, erklärt Habte, ein Bauer, den wir außerhalb von Lalibela treffen, »lässt sich immer schwieriger voraussagen«. Wenn es regnet, dann oft so heftig, dass Aussaaten und ganze Felder weggespült werden und die Erosion fortschreitet. Bleibt der Regen hingegen aus, vertrocknen die jungen Pflanzen. Viele Bauern können kaum noch ihre Familie ernähren.